Überarbeitete Wohnungsmarktstrategie diskutiert – SPD und Verwaltung teils uneins

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Zu einer Sondersitzung trafen sich gestern (5. Juni) der Finanz-, Bau- und Sozialausschuss in der Markthalle. Einziges Thema: die überarbeitete Wohnungsmarktstrategie der Verwaltung. Dabei wurde deutlich, dass zwar in vielen Punkten Übereinstimmung zwischen den Fachleuten und den Ratsherren und -frauen bestand – aber auch Unterschiede.
 
Vorgestellt wurde die überarbeitete Strategie von Christoph Jankowsky, Fachdienstleiter Stadtentwicklung und Statistik. Obwohl erst 2017 beschlossen, sei die Überarbeitung der Strategie wegen der veränderten Situation auf dem Wohnungsmarkt notwendig. Zudem will die Stadt alle zwei Jahre zumindest Teile des Papiers anpassen.
 

Weiterer Zuzug erwartet

Auch im kommenden Jahrzehnt erwartet die Verwaltung wieder einen Bedarf an neuen Wohneinheiten (WE) – Wohnungen und Wohnhäusern – in der Stadt. Ein Grund sei der weitere Zuzug von Bremern, da die Mieten an der Delme immer noch deutlich unter jenen in Bremen lägen, so Jankowsky: „Delmenhorst ist immer noch eine relativ günstige Stadt.“ Die Abwanderung von Bürgern ins Delmenhorster Umland gleiche das nicht ganz aus.
 
Auch die Zuwanderung, mehr Single-Haushalte und junge Erwachsene in der Familiengründungsphase sorgten weiterhin für eine hohe Nachfrage. Niedrigzinsen hätten zudem zu einem großen Interesse an Immobilien (als Anlagenform) geführt. Schon im Februar wurde über den erwarteten Bevölkerungszuwachs in der Stadt berichtet.
 

200 Wohnungen jährlich angestrebt

Weiterhin sollten mindestens 200 Wohneinheiten neu entstehen, rät der Fachmann. Diese Zielsetzung wurde in den letzten Jahren nur teilweise erreicht. Ein Grund: Bei vielen Baugebieten kam es zu Verzögerungen. So auch an der Langenwischstraße. Dort hatte der NABU gegen die Entfernung einer geschützten Wallhecke geklagt.
 
Auch die Erschließung der Außenflächen wird wegen Protesten von Bürgern nur ungern in Angriff genommen. Dabei sieht die Verwaltung auch die für die Deckung des Wohnbedarfs als wichtig an.
 

Bezahlbaren Wohnraum im Blick behalten

Ein Schlagwort angesichts steigender Mieten ist bezahlbarer Wohnraum. Etwa 400 Wohneinheiten sollten im nächsten Jahrzehnt in diesem Preissegment geschaffen werden, rät der Fachdienstleiter. Heute gäbe es etwa 38.500 Wohneinheiten in Delmenhorst. Standen gut sechs Prozent der Wohnungen 2011 leer, seien jetzt zu wenige Wohnungen auf dem Markt vorhanden.
 
Auch der steigende Anteil älterer Bewohner soll berücksichtigt werden. Barrierefreie Wohnungen kämen zudem auch Menschen mit Behinderungen zu gute. Neben 500 Neubauten sollten auch gut 500 Altwohnungen in den nächste zehn Jahren entsprechend umgestaltet werden.
 

Belegungsrechte bei Sozialwohnungen deutlich zurückgegangen

Ein Punkt, der den Ausschussmitgliedern nicht gefiel, war die gesunkene Zahl von Sozialwohnungen mit Belegungsrechten. Gab es 2000 noch 5.000 davon, sind sie inzwischen auf 747 zurückgegangen. Bis 2030 würde die Zahl auf 500 sinken, wenn nichts unternommen wird, erklärte Jankowsky.
 
Hier spielte Rudolf Mattern, städtischer Fachbereichsleiter Jugend, Familie, Soziales und Senioren den Ball an die Politiker zurück. Der Stadtrat habe 2003 entschieden, die Belegungsrechte außer Kraft zu setzen. Entsprechend sei ein neuer Beschluss nötig, um den alten aufzuheben.
 

SPD-Antrag mit einigen Abweichungen

Ebenfalls auf der Tagesordnung standen drei Anträge der SPD und der Linken. Die Sozialdemokraten waren zwar größtenteils mit der überarbeiteten Vorlage einverstanden, wollten aber noch einige Änderungen oder Ergänzungen einbringen. Markus Pragal, Erster Stadtrat, verglich die einzelnen Punkte. Der SPD-Ansatz, nicht geplante Bauflächen öffentlich bekannt zu machen, würde seiner Meinung nach zu mehr Spekulationen führen – was die Verwaltung ablehne.
 
Hingegen würden Flächen für den Bau öffentlicher Wohnungen schon angekauft. Ebenfalls kritisch sah er den Vorschlag, eine Quote von 25 Prozent für Sozialwohnungen pauschal vorzuschreiben. 20 Prozent und eine genaue Abwägung bei jedem neuen Baugebiet seien besser, da eine starre Quote nicht für jedes Gebiet passen könnte.
 

Groth verteidigt SPD-Vorschlag

SPD-Ratsherr Harald Groth war aber unklar, warum die Verwaltung trotz vieler Übereinstimmungen nicht dem Vorschlag seiner Partei zustimmen wollte. „Wir glauben, dass die Bildung einer Quote für die Stadt wichtiger ist“, widersprach er Pragal. Zudem störte ihn, dass keine Zahl zu den Berechtigten für Sozialwohnungen vorlag.
 
Heinrich-Karl Albers (CDU) bemängelte hingegen, dass der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GSG für die Übernahme des Krankenhauses 500.000 Euro für Investitionen entzogen worden seien. Entsprechend habe die Gesellschaft jetzt weniger Geld für Projekte zur Verfügung.
 

SPD kann sich nicht durchsetzen

Am Ende stimmten die Ausschüsse jeweils zur Hälfte für und gegen den Antrag. Da bei Stimmengleichheit Anträge abgewiesen werden, wurden sie somit abgelehnt. Jetzt stimmen noch der Verwaltungsausschuss und der Stadtrat darüber ab, letzterer öffentlich am 3. Juli. Ein Vorschlag der Linken, die Sozialwohnungsquote auf 33 Prozent zu erhöhen, wurde sogar von einer Mehrheit abgelehnt.
 
Dafür gewannen die Linken die Zustimmung ihrer Ratskollegen mit einem weiteren Antrag. Der sieht vor, fünf Prozent der neuen WE barrierefrei zu gestalten. Mit der Ergänzung der Verwaltung, dass dies mindestens zehn Wohnungen pro Jahr sein sollten – für den Fall, dass mal weniger als 200 WE im Jahr realisiert würden – bekam die Idee grünes Licht von den Ausschüssen. Auch hier müssen Verwaltungsausschuss und Stadtrat noch zustimmen.
 
Foto oben: Der Erste Stadtrat Markus Pragal erklärte, warum die Verwaltung einem SPD-Antrag zur Änderung der Wohnungsmarktstrategie gestern nur teilweise zustimmte.
 
Foto unten: CDU-Ratsherr Heinrich-Karl Albers beklagte, dass der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Geld für Investitionen weggenommen worden sei.
 

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