„Ich bin ein Sklave meiner Musik“ – Interview mit Esther Filly + Videosnippet 🎥

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Musikerin Esther Filly aus Delmenhorst hat vor einigen Wochen am Casting für den Eurovision Songcontest (ESC) teilgenommen und es unter die letzten Teilnehmer geschafft. Ihr Fazit fällt auch Wochen später positiv aus, auch wenn sie einiges am Format zu kritisieren hat. Nach dem Event ist noch so manches passiert. So hat sie inzwischen in London einen Song eingesungen, der ursprünglich für Grace Jones geschrieben wurde. Und auch einige Events stehen bald an.

 

Esther, wie siehst du im Nachhinein deine Teilnahme beim ESC-Casting?
Generell war es eine ganze tolle Erfahrung mit viel Spaß. Es war ein toller Dreh mit tollen Kandidaten und eine große Ehre unter fast 700 Teilnehmern für die Dokutainment-Serie

„Ich will zum ESC“ ausgewählt zu werden, eine von 15 Finalteilnehmern zu sein und im Kampf um Platz acht ausgeschieden zu sein…

 

Jetzt kommt wahrscheinlich das „Aber“…

(Lacht) Ich habe tatsächlich ein bisschen etwas zu kritisieren. In diesem Jahr feiere ich mein 30-jähriges Bühnenjubiläum und bin eine gestandene Künstlerin. Egal ob man 19 oder 57 ist: Grundsätzlich sollte man Künstler:innen Respekt entgegen bringen. Wenn man es dann mit einer gestandenen Soulqueen und Kollegin zu tun hat, sollte man schauen, wie man gewisse Dinge formuliert.

 

Hast du ein Beispiel?

Als ich in der Audition ins Team von Rea Garvey gekommen bin und meine Version von „Slave to the rhythm“ performed habe, sagte Rea, er würde gern mit mir arbeiten, aber schauen, dass er meine 30 Jahre Bühnenerfahrung  aufs erste Jahr wieder zurückdreht.

Als ich später ausgeschieden bin, argumentierte er bei einem Kandidaten, er habe sich aufgrund seiner Willenskraft für ihn entschieden und sich zugleich gegen Erfahrung, also gegen mich, entschieden.

Hinterher vor der Kamera hat er dann aber geäußert, dass er bei mir keine Weiterentwicklung mehr sieht. Da frage ich mich: Weiterentwicklung mit 57? Klar kann man sich hier und da noch entwickeln. Doch für den Eurovision Song Contest sollte man doch jemanden wählen, der bereits fertig entwickelt ist und ausreichend Erfahrung hat, diesem riesengroßen Event die Stirn zu bieten und stressresistent zu sein. Darüber hinaus hätte ich mir gewünscht, dass mehr auf die Persönlichkeit der einzelnen Teilnehmer eingegangen wird und gezeigt wird: „Hey, was für ein Mensch ist denn die Esther Filly, was macht sie so?“ Gerade beim ESC ist das Publikum sehr an den Menschen, der Person interessiert und das wird dann mit dem Lied und dem Gesang verknüpft. Beim Casting wirkte alles sehr mit der heißen Nadel gestrickt, es hatte Trash-TV-Charakter.

 

Das ist ein harter Begriff.

Ja, doch dazu stehe ich voll und ganz. Viele andere Menschen sehen das auch so. DSDS ist für mich auch Trash-TV, es ist eine Definitionssache. Es war schon sehr DSDS-mäßig, dass einem fremde und unpassende Songs aufs Auge gedrückt werden. Ich gehe gern an meine Grenzen. doch wenn es wichtig ist, möchte ich glänzen.

 

Ist denn ein Casting dann überhaut das richtige Format für dich?

Nach meiner Erfahrung als Kandidatin bei „The Voice Of Germany“ 2017 wollte ich das nicht mehr. Allerdings hätte ich nicht gedacht, dass die ESC-Show so eine typische Casting-Show ist. Meine Vorstellung war: Wow, 15 von 700 Menschen werden ausgesucht, in die sie große Hoffnungen setzen und mit denen coole Sachen gemacht werden, um sie am Ende noch besser und ausgearbeiteter darzustellen und diese 15 am Ende gegeneinander antreten zu lassen, um zu entscheiden, wer in die finale Vorentscheid-Show kommt, um die Wildcard für  den eigentlichen Vorentscheid zu bekommen.

 

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Wie ging es anschließend weiter?

Nach der Sendung?

 

Genau. Es stand ja noch eine Reise nach London an.

Oh ja! Viele denken, dass diese London-Reise durch den ESC zustande gekommen ist. Das ist aber gar nicht so. Es kommen jetzt aber auch einige schöne Sachen, Festivals, die durch Veranstalter zustande gekommen sind, die diese Sendung gesehen haben. Doch London ist eine andere Geschichte: Am 1. Dezember habe ich mein zweites Album herausgebracht. Es heißt „All Together Now“ mit dem gleichnamigen Titelsong, den ich extra für den ESC geschrieben und eingereicht hatte. Ich bin ein großer Fan von Grace Jones und ihrem Song „Slave To The Rhythm“, weil ich einfach ein Sklave meiner Musik, des Rhythmus‘, des Lebens bin. Ich finde es sehr wichtig, dass man im Rhythmus bleibt, weil man dann seine Mitte hat und seinen Weg weitergehen kann.

Deswegen wollte ich gern mein eigenes „Slave To The Rhythm“ haben. Ich habe dann mit Andrés Balhorn ein Remake gemacht. Um es auf mein Album nehmen zu dürfen, musste ich mir allerdings die Erlaubnis dazu einholen, weil ich textlich etwas verändert habe. Ich bin ja „Freaky“ (zeigt das Tattoo an ihrer Hand, die Red.) „Freaky“ ist ein Aufruf für Menschen Mut zu haben sie selbst zu sein und so zu sein, wie man sein möchte, wenn alles in Liebe und Freundlichkeit geschieht. „Freaky“ ist love, peace, hope, help, truth und freedom.

Statt “Sing out loud, the chain gang song” heißt es in meiner Version „Sing out loud, the freaky song”. Dieses eine geänderte Wort reicht bereits aus, dass man einen Song aus rechtlichen Gründen nicht einfach so herausbringen darf.

 

An so einem bekannten Song sind sicher viele Leute beteiligt, die gefragt werden wollen…

Richtig. Der Haupturheber ist Simon Darlow. Er hat den Song komponiert und getextet, zusammen mit Bruce Woolley, Stephen Lipson und Trevor Horn, der das Ganze produziert hat. Ich habe also an Simon Darlow eine E-Mail geschrieben und ihn gefragt, ob er mir helfen kann. Ich habe meine Version als MP3-Datei angehängt. Schon kurze Zeit später habe ich eine Antwort bekommen, er sei begeistert von meiner Stimme und dem Remake. Tatsächlich hat er es geschafft: Von allen Verlagen und Subverlagen und allen Teilhabenden habe ich die Lizenz erhalten.

 

Und dann?

Meine Managerin Jessica Michl hat Simon angeschrieben, ob er nicht Lust hätte, dass wir uns mal kennenlernen. Nach einer Facetime-Session bekam ich ein Songsnippet und kurze Zeit später den kompletten Song zugeschickt. Den habe ich bei mir zuhause mit den dortigen Möglichkeiten eingesungen und anschließend zurückgeschickt.

Anschließend hat mich Simon Darlow nach London eingeladen. Dort war ich vom 11. bis 14. Februar und habe den Song amtlich eingesungen.  Dann spielte Simon mir noch einen Song vor, den er mit Ron Rogers ursprünglich für Grace Jones geschrieben hatte, allerdings wurde er nie veröffentlicht. Er sagte: „Ron und ich haben uns überlegt, dass dieser Song gut zu deiner Stimme passen würde.“ Da ich ja ein Kontra-Alt bin, habe ich eine sehr Grace-Jones-ähnliche Stimme. Ron Rogers, der unter anderem in den 80ern den Charthit „China in Your Hand“ für T’Pau geschrieben hat, kam dann am Dienstag ins Studio und wir haben diesen zweiten Song auch noch aufgenommen. Nun wird das Ganze fertig produziert. Anschließend wird Simon seine Kontakte in Deutschland nutzen, um hier ein Record-Label zu finden, das die Songs herausbringt.

Planst du auch Auftritte in diesem Jahr?

Es sind tolle Dinge, die dieses Jahr anstehen. Unter anderem bin ich im Juni auf der „Goldenen Sonne“ von Sonnenklar-TV, wo Prominente eingeladen werden und Gäste die Möglichkeit haben, ein Ticket zu buchen, um sich mit ihnen zu vermischen und ihnen nahe zu kommen. Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Schauspiel, Kunst und Musik sind auf der Preisverleihung anwesend. Letztes Jahr war Joan Collins Ehrengast Dieses Jahr bin ich bereits zum dritten Mal eingeladen und werde von Simon Darlow über den roten Teppich begleitet. Darüber hinaus bin ich im März beim Literaturfestival „Herzensstimmen“ als Patin für den Nachwuchs in Hürth mit dabei, und beim Summer-Festival in Mülheim an der Ruhr im August.

Zudem geht bald die CSD-Saison wieder los, am 04. Mai in Aurich.

 

Was davon ist durch deine ESC-Teilnahme zustande gekommen?

Davon jetzt nichts… (lacht).  Außer das Summerfestival in Mülheim.

 

Wie sehen ganz konkret deine nächsten Schritte aus?

Aktuell bin ich dabei, viele Texte zu schreiben und das Jahr weiter zu planen. Zudem muss ich geduldig sein und abwarten, was bei der Zusammenarbeit mit Simon Darlow und Ron Rogers herauskommt. Die Songs müssen fertigproduziert werden. Anschließend schicken sie das fertige Produkt an ihre Kontakte. Parallel geht, wie gesagt, die Saison mit vielen Auftritten los.

 

Wirst du in Delmenhorst nun öfter erkannt als vor dem ESC-Casting?

Ich bin auch vorher schon erkannt worden. Das hängt aber damit zusammen, dass ich 2022 bei der Musikshow „All Together Now“ bei Sat.1 dabei war. Es gibt darüber hinaus viele Delmenhorster, die meinen Weg verfolgen. Durch mein ehrenamtliches Engagement als Patin der Wilhelm-von-der-Heyde-Oberschule kennen mich natürlich viele Kids und ihre Eltern. Auf die ESC-Geschichte bin ich natürlich auch schon angesprochen worden. Eine schöne Anekdote: Ich trage ja auch gern Perücken und Haarteile. Neulich war ich inkognito in der Fußgängerzone unterwegs, als ich ein lautes Rufen hinter mir hörte: „Esther, Esther!“ Als ich mich umdrehte, sah ich eine Frau, die ich nicht sofort  erkannte. Sie sagte: „Wir kennen uns von Facebook.“ Ich war erstaunt. „Wie hast du mich denn erkannt?“, wollte ich wissen. Die Lösung: Es war mein „Freaky“-Tattoo an der Seite meiner Hand, das sie trotz meines Laufens entdeckt hatte. Das fand ich abgefahren.

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