Notfallbetreuer der Delmenhorster Johanniter bitten um Hilfe – Spendenaktion läuft bis zum 24. August

Werbung
Werbung
Werbung

Das 14-köpfige Team aus Ehrenamtlichen der psychosozialen Notfallversorgung (PSNV) des Ortsverbands Delmenhorst der Johanniter-Unfall-Hilfe hat eine Spendenaktion ins Leben gerufen. Von ihnen werden Angehörige und Betroffene sowie Einsatzkräfte nach Un- oder Todesfällen, Straftaten und anderen erschütternden Ereignissen ersthelferisch betreut. Um die Betreuung weiter zu verbessern, wird seit dem 26. Mai Geld gesammelt. Zwei Mitglieder sprachen mit Delmenews.
 
„Es gibt eine Umschreibung für die PSNV, nämlich Erste Hilfe für Seele. Ich finde, es ist ganz wichtig, das eigentlich auch so zu sehen. Wir sind keine Psychotherapeuten oder Psychiater. Das hat damit überhaupt nichts zu tun. Wir sind wirklich nur wie gut ausgebildete Ersthelfer, die in dem Augenblick, wenn es passiert ist, erst einmal nur da sind. Wir sind wie die Schulter, an die sich Betroffen anlehnen, die Hand, nach der sie greifen können. Je nachdem was gebraucht wird. Und wir geben so ein bisschen den Anschub, wie es weitergehen könnte. Das ist eigentlich unsere Kernaufgabe“, erklärt Matthias von der PSNV-Gruppe des Ortsverbands Delmenhorst der Johanniter-Unfall-Hilfe.
 

Einsatzgebiet ist nicht auf Delmenhorst begrenzt

Auch die Wiederherstellung des sozialen Umfelds und eventuell das Hinzuziehen von Familienangehörigen, die bei der Trauerbewältigung behilflich sein können, gehören dazu. Matthias stellt klar: „Wir sind wirklich nur in den ersten drei bis vier Stunden da.“ Zu den Einsatzgebieten der Gruppe zählt nicht nur Delmenhorst, denn für den erweiterten Katastrophenschutz geht es auch nach außerhalb.

Sogar bundesweit wird Einsatznachsorge, eine besondere Form der PSNV, betrieben, wofür das Team vier speziell ausgebildete Einsatznachsorgekräfte in seinen eigenen Reihen hat. „Bei der üblichen PSNV sprechen wir von der Betreuung von externen Menschen, das heißt Leute wie Sie auf der Straße, Zivilisten“, teilt Matthias mit.

Daneben existiert die interne Nachsorge oder das sogenannte Critical Incident Stress Management (CISM). Hierzu führt er aus: „Da geht es darum, Hilfskräften wie zum Beispiel Feuerwehrleuten oder Rettungsdienstlern, die ein massives Ereignis erlebt haben, zu helfen.“ Nicola ergänzt: „Dafür können wir deutschlandweit angefordert werden, denn oft fällt es Einsatzkräften leichter, mit jemandem zu sprechen, der nicht aus dem eigenen Verband oder der eigenen Region kommt und den man ständig bei anderen Gelegenheiten wieder trifft.“ Für die Einsatznachsorge existiert die Berufsbezeichnung Critical Incident Stress Manager. Mitarbeiter in der PSNV werden PSNV-Helfer genannt.
 

Vom Alter und den Berufen ist das Team sehr heterogen

In Delmenhorst wird das Team bei plötzlichen Todesfällen, Selbstmorden, Verkehrsunfällen, Gewaltverbrechen, Straftaten und dem Überbringen von Todesnachrichten aktiv. Hauptberuflich ist die 36-Jährige Nicola als Consultant im Bereich Notfall- und Krisenmanagement tätig.

Sie betreut dabei Großkonzerne in der Notfallvorsorge sowie Krisenstabsübung und übernimmt die Betreuung von Krisenstäben. Ihr 49 Jahre alter Kollege Matthias ist als Vertriebsleiter in einem großen Maschinenbauunternehmen in Bremerhaven beschäftigt. Da sie bei ihren Einsätzen für die PSNV aus Selbstschutz anonym auftreten, wird hier auf die Nennung ihrer Nachnamen verzichtet.

„Wir sind im Team total bunt gemischt und das macht uns aber auch aus. Wir sind halt so verschieden, dass wir zusammen eine perfekte Mischung ergeben, weil wir ganz viele Bereiche abdecken und jeder aus seinem Beruf Knowhow einbringt und irgendwo Lebenserfahrung hat“, befindet Nicola. Zur Gruppe gehören ebenfalls eine Bauunternehmerin, Krankenschwestern und Soldaten der Bundeswehr. Das jüngste Mitglied ist Mitte 20 und das älteste Mitte 60.
 

Mit 24 Jahren dürfen Interessierte beitreten

Matthias bekundet: „Das ist eine Sache, die mir zu Anfang sehr stark aufgefallen ist, nämlich ein Team, in dem das Gefühl unglaublich stark rauskommt. Es ist wirklich vollkommen egal, woher man kommt oder was man für eine Mode trägt. Wichtig ist, dass der Mensch da ist. Das habe ich in meinen 49 Jahren noch nirgendwo anders so gemerkt. Eigentlich ist es egal, wer du bist. Du bist halt gut und das ist auch gut so.“

Damit die Bereitschaftszeit, die 24 Stunden an allen sieben Tagen in der Woche beträgt, abgedeckt werden kann, ist es für die PSNV-Gruppe erforderlich, dass ihr Team so groß wie möglich ist. Jede Person, die sich ihnen anschließen möchte, wird mit offenen Armen empfangen und kann etwas leisten. Allerdings müssen aktive Mitglieder ein paar Bedingungen erfüllen.

So liegt das Mindestalter bei 24 Jahren, es dürfen im erweiterten Führungszeugnis keine Einträge vorhanden sein, der Interessent muss als Person fest im Leben stehen, Spaß am Umgang mit Menschen haben, kommunikativ und zu einem gewissen Grad belastbar sein. Dass auf Interessenten eine knapp zweijährige Ausbildung wartet, darauf weist Matthias hin: „Man muss sich darüber im Klaren sein, dass es in der Ausbildungsphase ein sehr zeitintensives aber zugleich tolles und sehr erfüllendes Hobby ist.“
 

Unter Kollegen werden Einsätze aufgearbeitet

Wenn die PSNV-Gruppe für den Katastrophenschutz herangezogen wird, dann sind die Arbeitgeber dazu verpflichtet, sie für solche Einsätze freizustellen. Von Seiten der Stadt erhalten die Arbeitgeber in diesen Fällen einen finanziellen Ausgleich. Ansonsten müssen die ehrenamtlicher PSNV-Helfer für ihre Einsätze Urlaub oder Überstunden nehmen.

„Wir bezahlen im Endeffekt noch dafür, dass wir helfen dürfen“, offenbart Nicola. Mithilfe eines Dienstplans werden die Arbeitszeiten in der Notfallseelsorge abgestimmt. Über die Großleitstelle wird das PSNV-Team alarmiert. Rückhalt bieten den Mitgliedern natürlich auch ihre eigenen Familien und Freunde, was bitter nötig, denn nicht jeder Einsatz geht spurlos an ihnen vorbei.

Ein Argument für das Eintrittsalter von 24 Jahren ist, dass die Personen gefestigter sind als in jüngerem Alter. Die Mutter eines vierjährigen Sohnes beteuert: „Jeder Einsatz wird bei uns komplett nachbesprochen und da gibt es auch intern im Team eine Nachsorge. Wenn wir Probleme haben, dann haben wir auch die Möglichkeit, uns an die Einsatznachsorge der Johanniter zu wenden, an unsere Kollegen, die uns dann helfen.“
 

Suche nach einem Erste-Hilfe-Kurse führte zur Mitgliedschaft

Darauf angesprochen, wie die beiden bei der PSNV gelandet sind, antwortet sie: „Ich glaube eher, dass ist so ein Bereich der uns gesucht hat. Es ist bei allen anders gelaufen und hatte andere Beweggründe, aber wir wurden halt für diesen Job gefunden. Das Herz hat gesagt: ‚Ich bin da richtig, wir gehören zusammen und machen das jetzt.‘“

Matthias gibt diese Auskunft: „Ich hatte ganz klassisch nach einem Erste-Hilfe-Kurs gesucht.“ Beruflich fährt er viel auf der Autobahn. Irgendwann stellte er sich selbst die Frage, ob er bei einem Unfall helfen könne. Bei der Recherche im Internet stolperte er schließlich über den Begriff PSNV, nahm an einem Info-Abend teil und ist seither dabei.

„Es ist mittlerweile ein Hauptteil meines Lebens geworden“, tut der 49-Jährige kund. Er ist der Überzeugung, dass sich das keineswegs halbherzig angehen lässt, da einiges abverlangt wird. Matthias meint: „Kein Mensch versteht das, warum da jemand freiwillig reingeht. Da gibt es wenige die sagen würden: ‚Ja, na klar, das würde ich auch machen.‘“ Für ihn besteht der Reiz in der unglaublichen Dankbarkeit, die ihm diese Tätigkeit verleiht.
 

Gespräche und das Gefühl, zu helfen, werden wertgeschätzt

Vor allem speist sich diese daraus, dass extrem ehrliche, offene und intime Gespräche geführt werden, die Matthias für unschätzbar wertvoll hält. Nicola hebt hervor: „Es ist dieses Gefühl, geholfen zu haben. Also wir erwarten nie eine Gegenleistung, aber freuen uns über jede Person, der wir irgendwie helfen können, ohne dass sie dafür etwas bezahlen muss oder damit rechnet, dass ihr überhaupt geholfen werden kann.“ Bis einschließlich Montag, 24. August, läuft die Spendenaktion bei der Volksbank eG Delmenhorst Schierbrok.
 

Für einen Pavillon und Kisten mit Betreuungsmaterial wird Geld gesammelt

Investiert wird das zusammengetragene Geld in einen Faltpavillon, eine Sitzmöglichkeit sowie Stress- und Kinderkisten. Letztgenannte stellen Kisten dar, die nach pädagogischen und psychologischen Empfehlungen mit Betreuungsmaterial ausgestattet sind, das schnell und flexibel einsetzbar ist. Um Gruppen oder mehrere Personen wettergeschützt und separiert zu betreuen, ist der Pavillon gedacht.

Rund 4.000 Euro werden für die Anschaffungen benötigt. Falls noch mehr Geld angehäuft wird, kommt die übrige Summe der Jugendarbeit der Delmenhorster Johanniter zugute. Wer spenden möchte, kann das über https://delmenhorst.viele-schaffen-mehr.de/psnvmobilebetreuungseinheit tun. Diejenigen, die sich für eine Mitarbeit bei der PSNV interessieren, können sich per E-Mail an PNSV.Delmenhorst@Johanniter.de melden.
 
Bild: Die PSNV-Gruppe des Ortsverbands Delmenhorst der Johanniter-Unfall-Hilfe hofft auf Spenden, mit denen ihre Betreuung optimiert werden soll. Bildquelle: Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. Ortsverband Delmenhorst

Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige
0 Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert