Farben Famulla – Ende eines traditionellen Familienbetriebs nach fast 60 Jahren

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Die Erich Famulla GmbH in der Stedinger Straße in Delmenhorst gibt auf. Nach 59 Jahren stellt das Farbengeschäft in Familienbesitz, das auch Tapeten, Bodenbeläge und Verlegearbeiten anbietet, zum 1. August 2024 seine Tätigkeit ein.

Gegründet worden war die Firma am 19. März 1965 als Farbenfachgeschäft von Malermeister Erich Famulla und seiner Frau Karin. Zunächst in der Stedinger Straße 57 auf einer Fläche von 100 Quadratmetern. Neben dem Verkauf von Farben kamen später Tapeten, PVC-Belege, Teppichböden und Verlegearbeiten hinzu.

Nach mehreren Vergrößerungen am alten Standort erfolgte 1979 der Umzug in die benachbarte Stedinger Straße 63, dort, wo zuvor das Deli-Kino war. Hier hatte man nun 700 Quadratmeter zur Verfügung. In den 1990ern kam der Eck-Neubau zur Thüringer Straße hinzu.

Im Jahr 1985 stieg der ältere Sohn Michael Famulla in den Betrieb ein, der inzwischen in eine GmbH umgewandelt worden war. 1989 folgte sein jüngerer Bruder André, beide führen heute noch die Geschäfte des Hauses. Zu Hochzeiten arbeiteten 15 Mitarbeiter bei Famulla, bis auf wenige Ausnahmen hatten alle Mitarbeiter im Verkauf auch dort gelernt.

Corona und die Zeit danach

„In den 1980er Jahren wurde noch Geld verdient“, sagt André Famulla. Schon die Corona-Jahre waren – wie für viele andere Betriebe – nicht leicht und sorgten entsprechend für Sorgenfalten. „Dass mitten im Lockdown auch noch Kaufland anfing Farbe zu verkaufen, hat mich geärgert“, sagt André Famulla. Während die Fachgeschäfte geschlossen blieben, konnten nun andere profitieren.

Als die Pandemie dann überstanden war, dachte die Familie, es gehe wieder bergauf. Dass es nicht so kommen würde, zeichnete sich im Sommer 2022 ab. „Als im August die Aufträge ausblieben, dachten wir noch an das übliche Sommerloch“, sagt Michael Famulla. Doch als die Auftragslage auch im September nicht besser wurde, war klar, dass etwas anders war.

Das Ende hat vielfältige Gründe

Die Gründe für die anhaltende Kaufzurückhaltung scheinen vielschichtig. Ukraine-Krieg, Gaskrise, Inflation, Verunsicherung durch das Heizungsgesetz… „Die Leute sind vorsichtig geworden“, sagt André Famulla. „Sie fragen sich: Muss ich jetzt streichen oder kann ich vielleicht noch warten? Für kleine Betriebe wie uns ist das schwierig.“ Und es bleibt nicht ohne Folgen. Arbeiteten zu Hochzeiten 15 Leute im Betrieb, waren es Anfang 2023 noch sechs. Nachdem im Laufe des Jahres 2023 den letzten drei angestellten Mitarbeitern gekündigt werden musste, arbeiten nun nur noch André, Michael und seine Frau Claudia im Betrieb. Und auch sie alle auch nur noch bis zum 1. August 2024. Dann werden die Türen für immer geschlossen bleiben. Bis dahin geht der Geschäftsbetrieb weiter. Ab Mitte Juni soll der Abverkauf starten.

Natürlich ist viel Wehmut dabei: Michael Famulla sagt: „Immer mehr Fachbetriebe machen zu. Irgendwann wird sich die Frage stellen, wo man überhaupt noch Handwerker herbekommt.“ André, Michael und Claudia Famulla sind derweil nun auf der Suche nach einem neuen Job. André (51) im handwerklichen Bereich, Michael (56) im Bürobereich.

Die Hoffnung der beiden ist, dass sie ihre Erfahrung aus der Selbstständigkeit bei einem neuen Arbeitgeber einbringen können. Da sie selbst jahrelang einen Betrieb geleitet haben, können sie unternehmerisch denken.

Kein Interesse mehr an Selbständigkeit

Sie selbst haben an Selbständigkeit keinerlei Interesse mehr. André Famulla sagt: „Ich bewundere jeden, der es weiterhin macht, aber bin mit dem Thema Selbständigkeit durch.“ All die Sorgen, Nöte und Ängste, das möchte er künftig nicht mehr erleben. Auch die Entlassung der Mitarbeiter ist ihm nahe gegangen. Sein Bruder Michael kommt zu einem ähnlichen Ergebnis: „Die Beratung macht Spaß, aber all die bürokratischen Hürden…“

Bürokratie verhindert Vermietung als Einzelhandelsfläche

Eine solche liegt auch noch vor ihnen. Das Wohn- und Geschäftshaus, in dem sich die Firmenräume befinden, ist im Familienbesitz. Die kleinere Fläche des Geschäfts, der 265 Quadratmeter große Ausstellungsbereich im Erdgeschoss des Neubaus, in dem aktuell die Ausstellung untergebracht ist und der über acht Schaufenster an zentraler Lage an der Stedinger Straße verfügt, soll vermietet werden.

Die Ampel steht auf Rot: Der Betrieb schließt zum 1. August. Dieser Gebäudeteil mit den charakteristischen Schaufenstern soll vermietet werden.

 

Die weitaus größere, 700 Quadratmeter messende Erdgeschossfläche, in der einst das Deli-Kino war, darf derweil nicht als einteilige Einzelhandelsfläche vermietet werden, wie André Famulla berichtet. Der Grund: In diesem Bereich der Stedinger Straße sind zum Schutze der Delmenhorster Innenstadt Einzelhandelsbetriebe nur bis zu einer Geschossfläche von maximal 300 m² zulässig.

Wie dieser Bereich künftig genutzt wird, ist daher noch unklar. Michael, André und Claudia Famulla schauen derweil nach vorn. „Man muss es annehmen und das Beste daraus machen“, sagt André Famulla über die Situation.

 

Bild oben: Michael (Mi.), Claudia und André Famulla geben den Betrieb auf.

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