Auch in der GraftTherme wird Energie gespart – Freizeitbereich bleibt ab Oktober unter der Woche zu
Die steigenden Energiekosten belasten nicht nur die Verbraucher, sondern auch Unternehmen, was sich auf den Betrieb der GraftTherme auswirkt. Höher fällt dadurch der Verlust des Delmenhorster Schwimmbades aus. Im Rahmen eines Pressegesprächs gaben die Verantwortlichen bekannt, welche Maßnahmen zum Energiesparen ergriffen werden. Konsequenzen zieht das vor allem beim Freizeitbereich in Form von geänderten Öffnungszeiten nach sich.
Mit sechseinhalb Millionen Kilowattstunden (kWh) beziffert Guido Becker, Geschäftsführer der GraftTherme, den Wärmebedarf der Badeanstalt. Hinzu kommen noch einmal zweieinhalb Millionen kWh an Strombedarf. Zur Wärmeerzeugung werden zwei Quellen herangezogen. Je zur Hälfte wird die erforderliche Energie durch das im städtischen Besitz befindliche Blockheizkraftwerk (BHKW) sowie Gas abgedeckt. „Seit dem 24. Februar haben wir auch eine andere Welt“, merkt Becker an.
Energiepreise können sich vervierfachen
Gemeint ist der Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine. Dass Gaslieferungen aus Russland ausbleiben, treibt nicht nur den Gaspreis in die Höhe, sondern der Strompreis zieht ebenfalls an, weil er an den Gaspreis gekoppelt ist. Becker teilt mit: „Die Energiepreise lasten auf uns.“
Für das kommende Jahr ist mit einer Preissteigerung von bis zu 300 Prozent zu rechnen. Somit ist das Vierfache der bisherigen Summen im Bereich des Möglichen. Ein Angebot, dass den Einkaufspreis unterbietet, existiert Becker zufolge schlichtweg nicht. Um das kompensieren zu können, ist die betreibende BAD Bäderbetriebsgesellschaft, bei der es sich um ein Tochterunternehmen der StadtWerkegruppe Delmenhorst (SWD) handelt, auf die Hilfe der Stadt angewiesen.
Kühleres Wasser in den Schwimmbecken
„Wir haben damit angefangen, die Beckentemperaturen peu à peu bis jetzt um ein Grad zu senken“, lässt Becker wissen. Statt 31 beträgt die Temperatur im Freizeitbereich nun 30 Grad, im Sportbecken 26 anstelle von 27 Grad.
Badegäste spüren laut Becker in der Regel den Unterschied von einem Grad nicht, der zudem keinen negativen Einfluss auf die Geschwindigkeit von Schwimmern hat, allerdings beim Einsparen viel ausmacht. Moderater wurde beim Kursbecken reduziert, nämlich von 30,5 lediglich um ein halbes auf 30 Grad. Gleiches gilt für das Solebecken im Saunabereich, von 32,5 auf 32 Grad.
9 Grad herabgekühlt wurde hingegen das Vitalbecken von einst 29 und auf mittlerweile 20 Grad, in das sich Gäste unmittelbar nach dem Aufenthalt in der Sauna begeben. Der Nutzung tat das keinen Abbruch, sondern ganz im Gegenteil, denn Becker stellt mit Freude fest: „Es wird mehr angenommen.“ An dieser Änderung soll daher auf Dauer festgehalten werden.
Duschen für Energiesparer und Warmduscher
Sukzessive soll ähnlich beim Duschbereich vorgegangen werden. In Zukunft werden zwei Arten von Duschen zur Verfügung stehen. Kunden, die einen Beitrag leisten möchten, Energie zu sparen, können mit einem grünen Aufkleber gekennzeichnete Duschen benutzen, die lauwarmes Wasser führen, also bei Körpertemperatur von 37 Grad.
Personen, die lieber warm duschen, können orange markierte Duschen mit 40 Grad Wassertemperatur in Anspruch nehmen. Ursprünglich liefen sämtliche Duschen mit über 42 Grad warmem Wasser. „Wir hoffen, dass wir damit unsere Gäste mitnehmen können“, sagt Becker. Zusätzlich wurden mehrere Lampen abmontiert und die Flurbeleuchtung, die über einen Bewegungsmelder aktiviert wird und dann noch heller erstrahlt, ausgeschaltet.
Außerdem ist die GraftTherme mit drei Geschirrspülmaschinen ausgestattet, die häufig jeweils nicht voll ausgelastet sind, weshalb eine Konzentrierung erfolgen soll. Unter den Mitarbeitern herrscht großes Verständnis für sämtliche Maßnahmen, so Becker. Er offenbart: „Ich hatte gedacht, dass die Geschirrspüler-Aktion Augenrollen auslöst. Das war nicht der Fall.“
Freizeitbereich läuft unter der Woche verlustreich
Trotzdem wird im Herbst verstärkt auf den Energieverbrauch geschaut. Lag dieser für den 5. September nach Beckers Angaben noch bei 6.000 kWh, belief er sich für den 15. September bereits auf 12.000 kWh. Die Entscheidungsträger gelangten zur Erkenntnis, dass der Freizeitbereich unter der Woche schwächelt.
Benötigt werden täglich 450 Gäste, damit kostendeckend gewirtschaftet wird. Der Durchschnitt beträgt aktuell weniger als 200 bei rückläufiger Tendenz. Rund 1.000 Euro Verlust bedeutet das jeden Tag. Während der Sommerferien und an den Wochenenden häufen sich dagegen zwischen 700 und 800 Besucher an. Mit 3,2 Millionen kwH erfordert der Freizeitbereich den Löwenanteil am Wärmebedarf der GraftTherme.
Schließung dauert bis Ende März
Angesichts all dieser Faktoren lässt es sich kaum rechtfertigen, ihn weiter unter der Woche zu betreiben. Becker kündigt an, dass der Freizeitbereich im Zeitraum zwischen Dienstag, 4. Oktober, und 31. März 2023 montags bis freitags mit Ausnahme von Feiertagen und Ferien geschlossen sein wird.
Sowohl am Tag der Deutschen Einheit, 3. Oktober, und am Reformationstag, 31. Oktober, in den Herbstferien zwischen dem 17. und 28. Oktober als auch samstags und sonntags wird steht er jeweils von 10 bis 19 Uhr offen. Keinerlei Einfluss hat das auf die Öffnungszeiten der anderen Bereiche. Zur Bestimmung des optimalen Zeitpunkts zum Nachheizen gilt es, sich langsam heranzutasten.
Nicht sinnvoll erscheint es, am Freitag kräftig nachzuheizen. Ab Dezember soll der dazugehörige Außenbereich, dessen Wasseraufbereitung mit dem Freizeitbecken verbunden ist, eingewintert werden. „Davon versprechen wir uns erhebliches Einsparpotential“, berichtet Becker. Ebenso wird mit dem Sportaußenbereich über die Frostperiode verfahren, der bereits zu diesem Zeitpunkt nicht mehr frei zugänglich ist.
Kurzarbeit ist ausgeschlossen
Becker stellt klar: „Kurzarbeit ist nicht auf Energiekosten anwendbar.“ Edgar Sauer, Prokurist der BAD Bäderbetriebsgesellschaft und Verantwortlicher für den Saunabereich, ergänzt: „Es wird anderweitig beschäftigt, zum Beispiel die Kundenbetreuung hochgefahren. Vor der Pandemie bestand das Personal aus 99 Menschen, verringerte sich dann auf 70 und ist inzwischen wieder auf etwa 90 gestiegen. „Wir haben sehr viele Aushilfskräfte, da wir am Wochenende Bedarf haben“, merkt Becker an.
Höhere rote Zahlen werden geschrieben
In den Vorjahren machte die GraftTherme immer circa 2,3 Millionen Euro Verlust. Dieses Mal wird er diese Marke nach Beckers Schätzung auf jeden Fall übersteigen. Mit den eingeleiteten Maßnahmen soll das, so gut es geht, abgefedert werden. Becker blickt voraus: „Im November müssen wir den Plan für 2023 erstellen.“ Unter Berücksichtigung der ungewissen Lage setzt er das mit der Tätigkeit gleich, in die Glaskugel zu schauen.
Bild oben: Von Oktober bis März hat der Freizeitbereich der GraftTherme nur noch in den Ferien, an Feiertagen und Wochenenden geöffnet.
Bild unten: Geschäftsführer Guido Becker zeigt Aufkleber, mit denen die Duschen versehen werden.
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Warum kann man in der Woche nicht das Erlebnisbad jedenfalls für zwei Tage öffnen? Am Wochenende ist mir das Bad einfach zu voll.