Fotostudios sehen sich von Gesetzesvorlage bedroht – Erstellen von Passfotos soll Behörden obliegen

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Aufgrund einer neuen Gesetzesvorlage fühlen sich drei Delmenhorster Fotobetriebe in ihrer Existenzgrundlage gefährdet. Passfotos sollen demnach künftig nur noch von Behörden angefertigt werden. Mit einem Brief wandten sich am Freitag, 10. Januar, die Inhaber an den Oberbürgermeister Axel Jahnz (SPD) sowie an die Bundestagsabgeordneten (MdB) Astrid Grotelüschen (CDU) und Susanne Mittag (SPD). Darin bitten sie um deren Unterstützung gegen den Entwurf.
 
Thomas Kuhnke, Inhaber von Foto Art Kuhnke, sowie seine beiden Kollegen Hartmut Nordbruch von Photo von Oven Delmenhorst und Jürgen Waßer von photo! Waßer sind wegen der Gesetzesvorlage besorgt. Sowohl von Oberbürgermeister Axel Jahnz als auch von den beiden Vertreterinnen im Bundestag Astrid Grotelüschen und Susanne Mittag erhoffen sie sich Hilfe. Konkret sollen diese sich dafür einsetzen, dass ein mögliches Gesetz entschärft wird, damit ihre Branche nicht zu sehr darunter leiden muss.
 

Passbilder sind die meistgehandelte Ware von Fotobetrieben

Im Brief verschaffen die drei Inhaber ihrem Unmut und ihrer Sorge deutlich Luft: „Diese oben genannten Fotobetriebe werden jetzt von dem in Entstehung befindlichen Gesetz massiv in ihrer Existenz bedroht. Eine der wesentlichen existentiellen Eckpfeiler dieser Unternehmen ist das Erstellen von Passfotos.“

Auch die Bedeutung der Passbilder für das Geschäft wird betont: „Im Normalfall hat man sich darauf eingerichtet, während der üblichen Öffnungszeiten Passbilder, biometrische Passfotos, Freundschaftsbilder und Bewerbungsfotos ohne Termin fachgerecht zu erstellen und sofort fertig entwickelt oder gedruckt sowie gestanzt zu verkaufen. Dabei ist das biometrische Passbild das häufigste und wichtigste Produkt!“
 

Gesetz ist vor allem gegen Fälschungen gerichtet

Unter Berücksichtigung von Sicherheitsaspekten, wie etwa der Vorbeugung von Fälschungen durch sogenanntes Morphing, ist es dem Gesetzentwurf zufolge vorgesehen, dass in Zukunft Passbilder ausschließlich unter behördlicher Aufsicht im Einwohnermeldeamt hergestellt werden sollen.
Für Kuhnke, Nordbruch und Waßer steht fest, dass mit einem Wegfall des biometrischen Passbildes die meisten der rund 5.000 kleinen und mittleren Unternehmen nicht mehr fortbestehen können.
 

Es gibt Alternativen

Allerdings weisen sie auf alternative Lösungen hin, die schon innerhalb der Branche existieren, damit Passbilder nicht mehr unmittelbar ausgehändigt werden, sondern über elektronischen Weg an die Gemeinden weitergeleitet werden. Bereits vorhanden und einsatzfähig ist das Verfahren über DE-Mail. Ebenso sind cloudbasierte Lösungen denkbar.

Die Inhaber schlagen vor, dass Fotografen, die sich darum bewerben, ein polizeiliches Führungszeugnis und weitere Vorgaben erfüllen müssen, um eine entsprechende Lizenz zu erhalten. Auf diese Weise würden sie quasi zu Mitarbeitern der Bürgerservicebüros. Zudem verweisen die Drei darauf, dass nicht alle Menschen von Automaten, wie dem, der im Delmenhorster Bürgerservicebüro steht, erfasst werden können. Tatsächlich können diese lediglich Personen ab einer Größe von 1,26 Meter ablichten.
 

Staat müsste auf Steuereinnahmen verzichten

Zum Erstaunen der Inhaber enthält der Entwurf keinerlei Regelung für Babys, Behinderte, Kinder, Kleinwüchsige oder Personen mit sonstigen Einschränkungen, wie beispielweise Bettlägerige. Falls sich die übrigbleibenden Fotografen bloß um diese Fälle kümmern dürfen, dann rechnen sie mit einem deutlichen Preisanstieg und weiteren Wegen für diese Teile der Bevölkerung.

„Bisher haben wir immer Passbilder zum gleichen Preis erstellt, egal ob einfach oder mit höherem Aufwand“, beteuern Kuhnke, Nordbruch und Waßer. Darüber hinaus legen sie dar, dass der Gesetzesentwurf sich auch negativ auf den Fiskus auswirkt. Immerhin bringt es der bundesweite Passbildmarkt, also allein die biometrischen Passfotos, auf ein Umsatzvolumen von circa 350 Millionen Euro.

An Umsatzsteuer werden dadurch gut 55 Millionen Euro erwirtschaftet, auf die der Staat genauso verzichten müsste wie auf die Gewerbesteuer und Einkommenssteuer, wenn Fotobetriebe schließen. Hinzu kämen die sozialen Ausgaben für die in die Arbeitslosigkeit geratenden Beschäftigten. Dem stehen laut einem Bericht des WDR bislang nur drei echte Morphing-Fälle gegenüber, weshalb die Inhaber an der Verhältnismäßigkeit der Gesetzesvorlage zweifeln.
 

Konkurrenz zwischen Automaten-Herstellern wird bemängelt

In dieser wird nach ihren Angaben auch nicht thematisiert, wie zum einen die beträchtlichen Investitionskosten für die Gemeinden und zum anderen der höhere Zeitaufwand ausgeglichen werden sollen. Zwar kommt es dadurch unweigerlich zu Mehrkosten in den Meldestellen, sie finden aber keinerlei Erwähnung.

Mangelnden Wettbewerb unter den Herstellern der entsprechenden Automaten haben sie ebenfalls ausgemacht. Ferner ist ihnen das kursierende Gerücht zu Ohren gekommen, dass die Bundesdruckerei GmbH oder ihr Geschäftsführer mit dem Produzenten der Fotoautomaten verbunden sind. Das gilt es genauestens zu überprüfen. Im Entwurf ist angegeben, dass die Leistung allem Anschein nach ohne entsprechende Ausschreibungen vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) erteilt werden soll.
 

Zusammen mit Fotobetrieben für mehr Sicherheit sorgen

„Wir bitten dringend um Ihre Hilfe, damit hier einerseits aufgeklärt wird und andererseits nicht mindestens 5000 Betriebsinhaber und noch mehr Angestellte und Angehörige diesem unsinnigen Automatisierungswahn zum Opfer fallen“, appellieren die Inhaber an den Oberbürgermeister und die zwei Bundestagsabgeordneten.

Kuhnke, Nordbruch und Waßer beenden den Brief mit folgenden Worten: „Viele andere fotografische Dienstleistungen würden damit ebenfalls wegbrechen und die ohnehin gebeutelten Innenstädte hätten noch mehr Leerstand zu erwarten. Das Thema ‚Erhöhung der Sicherheit‘ lässt sich anders, sozialer, gemeinsam mit den Unternehmen und wesentlich kostenärmer für die Gemeinden und damit uns – den Steuerzahlern – lösen.“
 
Beispielbild: Ein Gesetzesentwurf zur Herstellung von Passbildern könnte sich auf Geschäft von Fotobetrieben verheerend auswirken. Bildquelle: AdobeStock

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