Entbürokratisierung im Josef Hospital – Dokumentation in der Pflege erfolgt künftig per App

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Bis zum Sommer soll die Dokumentation in der Pflege auf allen Stationen im Josef-Hospital Delmenhorst (JHD) digitalisiert werden. Möglich macht das die Pflege-App „IDA.Care“, die vom Düsseldorfer Unternehmen KDD Health Care GmbH entwickelt wurde. Letzten Dienstag, 19. Februar, stellten die Verantwortlichen ihre Zusammenarbeit gemeinsam vor.
 
„Mit dieser Angelegenheit haben wir uns schon seit einiger Zeit beschäftigt und wollen es nun auf das ganze Haus ausweiten. Das Hauptproblem ist, dass die Pflegekräfte immer mehr Zeit mit der Dokumentationspflicht gebunden sind und diese zu einer überbordenden Bürokratie führt“, erklärt JHD-Geschäftsführer Florian Friedel. Allerdings räumt er ein, dass die technischen Voraussetzungen für eine Umstellung bisher nicht optimal seien, weil nicht überall im Hospital WLAN-Empfang verfügbar sei.
 

Probelauf begann im Dezember auf zwei Stationen

Friedel betont: „Insbesondere haben wir Möglichkeiten zur Entlastung der Pflegekräfte geprüft.“ Deshalb soll die handschriftlich geführte Dokumentation durch eine neue Art der Dokumentation abgelöst werden, nämlich in vollständig digitaler Form.
Seit Dezember laufe die Dokumentation mit Smartphones über die App „IDA.Care“, die zuvor nur in Hannoversch Münden zum Einsatz gekommen sei, auf zwei Stationen als Laborprojekt: Zum einen auf der Station 31 mit den Fachbereichen Thorax- und Unfallchirurgie und zum anderen auf der Station 40, die zwar interdisziplinär geführt wird, aber der Inneren Medizin zuzuordnen ist.
Wie JHD-Sprecherin und Assistentin der Geschäftsführung Aline Becker mitteilt, werde der Betrieb der App ab sofort um zwei weitere Stationen erweitert. Sämtliche Stationen sollen ihr zufolge im Sommer mit dem System ausgestattet sein. „Wir kaufen keine vorgefertigte Lösung und stülpen diese über unser System, sondern unsere Dokumente werden digitalisiert“, hebt Friedel hervor.
 

Chancen der Digitalisierung nutzen

KDD-Geschäftsführer Arne Greiner sagt: „Zwischen 28 und 30 Prozent ihrer Zeit wendet eine Pflegekraft für die Dokumentation auf Papier auf.“ Daneben merkt er an, dass Informationen auf Papier nicht direkt auswertbar seien und auch keine Aussagen über die Versorgungsqualität oder die Belastung von Patienten zulassen würden.
Greiner beschreibt die Funktionsweise der App so: „Patientendaten werden angezeigt. Tätigkeiten die auf Papier durch Ankreuzen verzeichnet werden, können angeklickt werden. Zu vielen Behandlungen oder Sachverhalten müssen extra Notizen angefertigt werden, was nun über Sprachnachrichten erfolgen kann. Aufgaben, Fotos und Fragebögen können auf das Handy geladen werden. Es ist wie ein Bausteinsystem, das angereichert wird.“
 

Faktor Zeit als großer Vorteil

Als wesentliche Vorzüge nennt Greiner die Zeitersparnis, die umfassende digitale Verfügbarkeit und das Einsparen von Papierkosten. Friedel ergänzt die damit verbundene Hoffnung, dass dadurch die große Attraktivität des Berufs für Pflegekräfte noch gesteigert werde könne.
Timo Greiner, der Pflegeleiter der Station 40, kann zumindest den zeitlichen Aspekt aus der bislang gesammelten Erfahrung bestätigen: „In jeder Schicht sparen wir 30 Minuten pro Pflegekraft. Rund 30 Prozent der Dokumentationszeit wird mit der App eingespart.“ Nach seinen Angaben komme diese zurückgewonnene Zeit den Patienten zu Gute.
„Das größte Problem bei der Dokumentation ist, dass wir uns die Patientenakten und Dokumente mit den Ärzten teilen und deshalb keinen uneingeschränkten Zugriff auf diese haben“, bekundet Greiner. Noch nie habe er erlebt, dass eine Änderung so schnell und unproblematisch umgesetzt worden sei, was er auch auf die Vielzahl junger Kollegen zurückführt. Friedel begründet die Wahl der zwei Stationen damit, dass dort jeweils sehr pflegeintensive Patienten von jungen Teams betreut würden.
 

Datensicherheit wird groß geschrieben

Zudem versichert der JHD-Geschäftsführer, dass Schulungen des Pflegepersonals vorgenommen würden, damit auch gewährleistet sei, dass ältere Kollegen die Technik bedienen könnten. Ferner würden Pateinten vorab darüber informiert, zum Beispiel durch Poster die in den Gängen aufgehängt seien. „Alles ist bombensicher!“, gibt sich Friedel zuversichtlich, dass keine Daten das hauseigene Krankenhaus-Netzwerk verlassen könnten, wofür noch eine zusätzliche Verschlüsselung sorgen soll.
 

JHD investiert bis zu 40.000 Euro

Insgesamt hat das JHD laut Friedel 30.000 bis 40.000 Euro zuzüglich Unterhaltungskosten für die Nutzung der App bezahlt. Jede Station erhalte demnach sieben oder acht Smartphones zum Stückpreis von etwa 150 Euro. Wichtigste Voraussetzung sei vor allem, dass die Mobiltelefone über eine glatte Oberfläche verfügen, damit diese möglichst gut desinfiziert werden könnten.
Friedel ist sich sicher: „Das erhöht die Qualität der Dokumentation, weil das, was aus Zeitgründen vernachlässigt werden musste, nun verzeichnet werden kann.“ KKD-Geschäftsführer Greiner wünscht sich, dass auf Dauer ein Ketchup-Flaschen-Effekt wirksam werde, damit sich die Arbeit in der Pflege grundsätzlich verändere.
Sein Namensvetter, der Stationspflegeleiter Greiner, bezieht Stellung zur Resonanz bei den Patienten: „Die Patienten sind eher offen dafür. Einige sind verdutzt, wenn wir aufs Handy schauen. Viele wissen schon durch die Poster an den Wänden in den Stationen Bescheid. Ansonsten kann uns jeder fragen. Es überwiegt das Interesse, was es damit auf sich hat. Die ältere Generation muss sich langsam damit abfinden.“
 
Bild: Pflegerin Sonja Wegmann dokumentiert auf dem Smartphone die Behandlung von Patientin Frau Rolf im Beisein von Timo Greiner, dem Pflegeleiter der Station 40.

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