Widerspruchslösung bei Organspende könnte auch in Delmenhorst Leben retten
Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern gilt in Deutschland bei Organspenden die sogenannte Zustimmungslösung. Nur wer zu Lebzeiten einer Organentnahme ausdrücklich zugestimmt hat, kommt als Spender infrage, so auch in Delmenhorst. Jetzt soll ein neuer Anlauf zur Widerspruchslösung genommen werden. Sie könnte zahlreiche Leben retten. Der heutige bundesweite Aktionstag der Organspende steht unter dem Motto: „Richtig, Wichtig, Lebenswichtig“.
In vielen Ländern wie Frankreich, Italien, Österreich und Spanien gilt die Widerspruchsregelung. Dort werden Menschen automatisch als Organspender betrachtet, sofern sie nicht zu Lebzeiten widersprochen haben. In Deutschland bislang nicht. Auch dadurch kommt das Paradoxon zustande, dass Deutschland seit Jahren ein Importland für menschliche Organe ist. Tatsache ist: Noch immer sterben zu viele Menschen, die auf einer Warteliste stehen, weil nicht rechtzeitig ein Spenderorgan zur Verfügung steht.
Trotz hoher Nachfrage werden Organe in Deutschland selten gespendet. Wer ein lebensnotwendiges Organ wie eine Niere benötigt, landet zunächst auf langen Wartelisten, bei denen die große Hoffnung häufig im krassen Gegensatz zur Realität steht. Von den rund 83 Millionen in Deutschland lebenden Menschen, hatten im Jahr 2023 gerademal 965 Personen Organe gespendet.
Die Ampel mit Bundesminister für Gesundheit Karl Lauterbach im Kabinett Scholz hatte die Einführung der Widerspruchslösung in Deutschland proaktiv vorangetrieben, konnte das Vorhaben allerdings in der Legislaturperiode nicht mehr rechtzeitig umsetzen. Jetzt drängen Gesundheitsminister der Länder und Ärzte-Vertreter auf einen neuen politischen Anlauf. So sagte beispielsweise die Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz Katharina Schenk: „Es ist für mich nicht nachvollziehbar, warum wir Menschen auf Wartelisten sterben lassen, nur weil wir uns nicht zur Widerspruchslösung entscheiden können.“
Ebenso betrifft das die Lebendspenden. Gegenwärtig wird durch das Transplantationsgesetz vorgegeben, dass Spenden Lebender nur für Personen mit „persönlicher Verbundenheit“ möglich sind, also in der Regel innerhalb von Familien. Grund dafür ist, dass mit dieser strengen Regelung der Organhandel und die Kommerzialisierung von Organspenden verhindert werden sollen. Problematik ist allerdings, dass Familienangehörige keinesfalls immer biologisch kompatibel sind und bei dieser Regelung die Organe von Spendenwilligen für andere Menschen nicht genutzt werden können. Bei der Lebendspende wird deshalb die Überkreuz-Spende thematisiert. Das würde bedeuten, dass Betroffene ohne Übereinstimmung bzw. biologische Kompatibilität mit anderen Empfänger-Paaren tauschen könnten.
Zweifellos ist und bleibt die Frage der eigenen Bereitschaft, nach dem Tod Organe und Gewebe zu spenden, sehr persönlich und ist für viele nicht einfach zu beantworten. Schließlich ist das Thema eng mit dem eigenen Tod und dem anderer Menschen verbunden. Auch religiöse Gründe können dagegen sprechen. Dass jeder Mensch ein Geschöpf mit unverbrüchlicher Würde ist, wird allerdings religionsübergreifend nicht in Abrede gestellt. In der Realität zeigt sich jedoch auch, dass sich viele Bürgerinnen und Bürger mit der Thematik kaum auseinandersetzen. Sei es, dass sie persönlich empfunden viel zu weit weg ist oder man die eigene Endlichkeit des Lebens verdrängt.
Der Transplantationsbeauftragte des Delmenhorster Krankenhauses Ingo Stein setzt auf Aufklärung und das neue Organspenderegister. So beispielsweise auch bei der jüngst durchgeführten „Camper-Woche für Organspende“ Seit langem werben er und seine Kolleginnen und Kollegen dafür, dass sich jeder Mensch mit dem Thema Organspende auseinandersetzt. Der heutige Tag der Organspende am 07. Juni 2025 rückt die lebensrettende Dringlichkeit erneut in den Fokus.
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