Vorwürfe gegen ehemalige Patientenfürsprecherin – fehlende Jahresberichte und mangelnde Erreichbarkeit bemängelt

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Von 2016 bis Juni 2019 war Antje Beilemann die Patientenbeauftragte des JHD in Delmenhorst. Dies ist eine im Zuge der Högel-Morde in Niedersachsen neu geschaffene ehrenamtliche Stelle, an die sich Patienten wenden können, wenn sie Schwierigkeiten mit einem Krankenhaus haben. Christian Marbach, Sprecher der Opfer der Högel-Morde erhebt den Vorwurf, Beilemann hätte rechtlich nie eingesetzt werden dürfen, habe keine gesetzlich vorgeschriebenen Jahresberichte verfasst und sei zeitweise per E-Mail und Telefon nicht erreichbar gewesen.
Das Amt der Patientenfürsprecher an Kliniken wurde 2014 im Zuge der Mordserie von Niels Högel für Niedersachsen gesetzlich beschlossen und im Jahr 2015 eingeführt. Högel-Opfersprecher Christian Marbach macht keinen Hehl daraus, was er von der im Jahr 2016 erfolgten Besetzung von Antje Beilemann als Patientenfürsprecherin hält: „Während andere Kliniken damals engagierte und erfahrene Ehrenamtliche als Patientenfürsprecher eingesetzt haben, wurde ausgerechnet in Delmenhorst vom damaligen Geschäftsführer Herrn Breidenbach unter dem Aufsichtsrat Harald Groth (SPD) die Bürgermeisterin der Stadt Delmenhorst Antje Beilemann (SPD) für diese Aufgabe eingesetzt.

Marbach: „Ich habe gegen diese Entscheidung protestiert“

Ich habe damals gegen diese Entscheidung protestiert, weil Frau Beilemann noch einem Gremium des Trägers (Aufsichtsrat) angehörte, was gesetzlich nicht zulässig war und ich die „politische“ Besetzung unangemessen und nicht vertrauensvoll fand. Darüber hinaus hatte ich Zweifel, ob Frau Beilemann als Ratsfrau, Ratsvorsitzende, Bürgermeisterin und mit zahlreichen weiteren Pöstchen ausgestattete Patientenfürsprecherin diese Aufgabe überhaupt adäquat übernehmen konnte.“
Delmenews hatte bereits 2016 über die in der Kritik stehende Berufung von Antje Beilemann berichtet. Der damalige JHD-Geschäftsführer Thomas Breidenbach hatte damals argumentiert, dass Beilemann bei ihrer Berufung zwar im Aufsichtsrat der Klinikum Delmenhorst gGmbH gesessen habe. Dieser habe zu dem Zeitpunkt aber nur noch die Funktion des Beschlusses des Jahresabschlusses 2014 gehabt. Im Aufsichtsrat der neuen Gesellschaft habe Beilemann nie gesessen. Dieser Einschätzung schließt sich auf Nachfrage auch der amtierende JHD-Geschäftsführer Florian Friedel an.

Schlechte Erreichbarkeit angemahnt

Darüber hinaus kritisiert Marbach, dass es Probleme bei der Erreichbarkeit gab: „Ich wurde immer wieder, aber verstärkt seit 2018 von Patienten und Angehörigen kritisch angesprochen, dass die Patientenfürsprecherin nicht erreichbar sei. Auch von Mitarbeitern des Krankenhauses gab es diesbezüglich Hinweise und bei anderen Patientenfürsprechern umliegender Kliniken, die regionale Treffen zur Vernetzung durchführen, war sie nicht bekannt“, sagt Marbach.

Insolvenzverwalter meldet Handy ab

Antje Beilemann gibt zu, dass es Probleme mit der Erreichbarkeit gab. Sie selbst sei von FDP-Ratsherr Murat Kalmis auf das Problem der mangelhaften Erreichbarkeit angesprochen worden, so Beilemann, „wofür ich ihm sehr dankbar bin.“ Die Erklärung für die fehlende Handy-Erreichbarkeit wirkt kurios. Ende April 2018 habe der Insolvenzverwalter des JHD den Handyvertrag des Diensthandys der Patientenbeauftragten gekündigt, sagt JHD-Geschäftsführer Friedel auf Nachfrage. Dadurch sei es, so Friedel, „für einige Wochen“ zu einem Ausfall der Handy-Erreichbarkeit gekommen.

Falsche E-Mail-Adresse kommuniziert

Eine weitere Panne gab es bei der E-Mail-Adresse: Die auf der Homepage des Krankenhauses kommunizierte Adresse patientenbeauftragte@jh-del.de war ebenfalls – zumindest zeitweise nicht erreichbar. Florian Friedel und Antje Beilemannn erklären das auf Nachfrage damit, dass die richtige Adresse patientenfuersprecher@jh-del lautete. Warum das alles nicht sofort auffiel? „Es gab in den Jahren 2017 und 2018 nur wenige Anfragen an mich als Patientenbeauftragte“, sodass dies nicht sofort bemerkt worden sei, sagt Antje Beilemann.
Friedel spricht davon, dass es 2016 weniger als fünf Anfragen gegeben haben, 2017 weniger als drei.

Fehlende Berichte: „Muss mir den Schuh anziehen“

Ein weiterer Kritikpunkt: Laut niedersächsischem Krankenhausgesetz hätte Antje Beilemann als Patientenfürsprecherin jährlich Berichte schreiben müssen, die dem Krankenhausträger und dem niedersächsischen Sozialministerium vorzulegen sind. Doch weder für 2016, 2017 oder 2018 wurde von ihr ein solcher Jahresbericht erstellt. „Ich habe die Anfragen, die an mich gestellt wurden, immer direkt an das Krankenhaus weitergegeben, damit dort für eine Lösung gesorgt wurde. Abgehen von zwei oder drei Anfragen, bei denen ich aber nicht tätig werden musste, hat sich 2017 und 2018 nichts ereignet. Wenn es ein Fehler war, dass ich für den Zeitraum, in dem nichts passiert ist, keinen Bericht geschrieben habe, dann muss ich mir den Schuh anziehen.“ Allerdings existiert auch für das Jahr 2016 kein solcher Bericht, wie Beilemann zugibt, obwohl es in dem Jahr mehr für sie zu tun gab. Florian Friedel sagt, er habe in Abstimmung mit dem Landespatientenfürsprecher Dr. Wüst besprochen, dass für 2018 ein Qualitätsmanagementsbericht erstellt werde, wie zukünftig die Aufgabe des Patientenfürsprechers wahrgenommen werde.

Im Juni: Amt zurückgegeben, Fraktionsspitze nicht informiert

Im Juni 2019 ist Antje Beilemann von ihrem Amt als Patientenfürsprecherin zurückgetreten. Marbach sagt, er habe den JHD-Geschäftsführer um eine Neubesetzung gebeten, Antje Beilemann sagt gegenüber Delmenews, sie habe das Amt abgegeben, weil sie aus privaten Gründen mehr Zeit brauche. Überrascht zeigt sich die SPD-Fraktionsvorsitzende Bettina Oestermann über den Rückzug ihrer Parteifreundin vom Amt der Patientenfürsprecherin. „Ich war sehr erstaunt, als ich von den Vorwürfen und dem Rückzug von dem Amt erfahren habe“, sagt Bettina Oestermann. „Darüber wird bei der Fraktionssitzung am kommenden Montag zu sprechen sein.“
 
Seit dem 1.7. jedenfalls ist das Amt in neuen Händen. Pastoralreferentin Silvia Kramer führt das Amt seitdem, ihre Stellvertreterin ist Pastorin Silvia Duch. Erreichbar ist die neue Patientenfürpsrecherin des JHD unter 0162-7870262 oder Patientenfuersprecher@jh-del.de.

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