Vorsorgetermin für Kinder in Delmenhorst verpasst: Was sind die Folgen? Zwischen Kosten und ärztlichen Kapazitäten

Früherkennungsuntersuchungen bieten Kindern die Chance, dass mögliche Gesundheitsstörungen oder Auffälligkeiten in der Entwicklung frühzeitig erkannt und behandelt werden können. Doch nicht alle Eltern halten sich verlässlich an die Einladungen, vereinbaren rechtzeitig Termine und halten diese dann auch ein. Welche Konsequenzen das nach sich zieht und wie die Ärzte dadurch belastet werden:

Die regelmäßigen Vorsorgen beim Kinderarzt beginnen direkt nach der Geburt. Für die U4 bis zur U9 werden die Familien vom Gesundheitsamt jeweils schriftlich eingeladen. Sorgen sollen die Untersuchungen dafür, dass etwaige körperliche oder psychische Fehlentwicklungen frühzeitig erkannt und behandelt werden und die Kinder wichtige Impfungen erhalten.

Teilnahme kostenlos aber auch verbindlich

Grundsätzlich ist die Teilnahme – bis zum 18. Lebensjahr bisher elf Vorsorgeuntersuchungen – kostenlos, sofern die Zeitspannen eingehalten werden. Bringen die Eltern ihre Kinder zu spät zu einer Untersuchung, können Krankenkassen hingegen die Kostenübernahme verweigern. Zum Kindeswohl, aber auch aus schlicht finanziellen Gründen sollten vorgesehene Fristen eingehalten und vergebene Termine wahrgenommen werden.

Jede Vorsorgeuntersuchung ab der U4 bis zu U9, die in einer Kinderarztpraxis stattgefunden hat, wird dem Gesundheitsamt gemeldet. So haben die meisten Bundesländer eine Meldepflicht eingeführt; in Niedersachsen etwa sind die Früherkennungsuntersuchungen U5 bis U8 verbindlich. Neben dem Einladungsschreiben erhalten die Eltern oder Sorgeberechtigten eine Rückmeldekarte, auf der die Untersuchung durch die Ärztin oder den Arzt bestätigt werden muss.

Von Trackingverfahren bis zum Hausbesuch

Wird innerhalb eines Monats ab der Aufforderung kein Termin beim Kinderarzt vereinbart, werden die Daten des Kindes an das zuständige Gesundheitsamt übermittelt. Das Kind kommt in das sogenannte Trackingverfahren. Das Amt nimmt daraufhin zunächst schriftlich Kontakt auf, damit die Untersuchung möglichst zeitnah nachgeholt werden kann. Soweit nach Ablauf der Toleranzgrenze eine Bestätigung über die Durchführung der Früherkennungsuntersuchung nicht vorliegt, wird das zuständige Jugendamt unterrichtet. Erfolgt weiterhin keine Reaktion, machen Mitarbeiter des Gesundheitsamtes oder Jugendamtes einen Hausbesuch bei der Familie.

Doch auch aus religiösen oder ideologischen Überzeugungen kann es vorkommen, dass beispielsweise Impfgegner versuchen, die Untersuchungen und Impfungen ihrer Kinder zu umgehen. Das Gesundheitsamt oder Jugendamt wird sich eingehend darum bemühen, die Familie von der Sinnhaftigkeit Vorsorgeuntersuchungen zu überzeugen. Im Fokus stehen spätetenst mit der Schuleingangsuntersuchung das Kindeswohl als auch das der anderen Kinder in der Klassengescheinschaft.

Praxen voll ausgelastet – Gesundheitssystem am Limit

Nur existiert hinsichtlich der Terminvereinbarung beim Kinderarzt auch für nicht verweigernd verantwortliche Eltern angesichts des überlasteten Gesundheitssystems ein faktisches Problem. Deutschlandweit sind die begrenzten Kapazitäten der Ärzte immer wieder ein Thema. Monatelange Wartezeiten auf einen Termin beim Facharzt, verschobene Operationen in Kliniken als auch die Klagen hinsichtlich der kaum noch erträglichen Arbeitsbelastungen bei medizinischen Fachkräften sprechen ihre eigen aussagekräftige Sprache.

Die Kinderarztpraxen sind voll ausgelastet, wer einen Vorsorgetermin buchen möchte, muss sich daher schon sehr früh um einen Termin bemühen. Am besten, bevor das erste Einladungsschreiben vom Gesundheitsamt kommt. Häufig gerät das im Alltag in Vergessenheit. Somit prallen nicht selten das ordnungsgemäße und gesundheitsgerechte Bemühen um einen Termin und die Kapazitäten der Ärzte aufeinander. Das Gesundheitssystem ist längst am Limit.

Umso ärgerlicher ist es angesichts der angespannten Lage, wenn Eltern mit den Ärzten vereinbarte Termine unachtsam verstreichen lassen. Kinderärzte sind im Durchschnitt für die Versorgung von rund 2.500 Kindern zuständig. Etwaige Nachlässigkeiten von Eltern aufzufangen, ist des Praxen aus zeitlichen Gründen kaum möglich. Wer dem Termin unentschuldigt fernbleibt, gefährdet somit nicht nur das Kindeswohl, sondern belastet das Gesundheitssystem zusätzlich.

Gesundheitsamt gesetzlich verpflichtet, allerdings eine Notlösung

Tatsächlich gibt es unterschiedlichste und teils lapidare, eher unaufgeregte Gründe, weshalb die Vorsorgeuntersuchungen nicht wahrgenommen werden oder die Meldung nicht eingeht. So ist es denkbar, dass eine Meldung einem Kind aufgrund eines aufgrund der Zeitüberschneidung nocht nicht dokumentierten Wohnortwechsels nicht zugeordnet werden kann oder sie in der Post verlorengeht. In solchen Fällen kann unkompliziert nachgemeldet werden.

Doch wie und wo finden pflichtbewusste Eltern eine Lösung, wenn die Kinderarztpraxen schlichtweg nicht mehr imstande sind, rechtzeitige Termine zu vergeben? Der Rat kann in solchen Fällen nur lauten, sich direkt ans Gesundheitsamt zu wenden, das nämlich ist zur Umsetzung und Lösungsfindung gesetzlich verpflichtet; ein Passus, auf den Eltern sich berufen können.

Grundsätzlich aber sollte die Untersuchung im Gesundheitsamt allenfalls als Notlösung und keinesfalls als gute Alternative zum Kinderarzt verstanden werden. Macht der behandelnde Kinderarzt die Vorsorge, ist das zweifellos sinnvoller, zumal die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte die Kinder im besten Fall über Jahre hinweg begleiten und kennen, also auch viel eher imstande sind, die Entwicklungsschritte zu beurteilen. Vordringlich geht es um Auffälligkeiten; eine Momentaufnahme könnte leicht zu Fehleinschätzungen und falschen Schlussfolgerungen führen.

Balance von Sanktionen zum Kindeswohl

Deutschlandweiter Durchschnitt ist es übrigens, dass circa vier Prozent der eingeladenen Familien ans Jugendamt gemeldet werden müssen, zumal sie nicht erreichbar sind. Das Jugendamt ist dann angehalten weitere Schritte einzuleiten; ein Procedere, dass auch vor traurigen Hintergründen von Fällen von Kindesmisshandlungen vor mittlerweile rund 18 Jahren nochmals deutlich nachgeschärft wurde.

Auch bei Verweigerern sind die Ämter immer darum bemüht, so weit irgend möglich im Sinne des Kindeswohls auf eklatante Sanktionen zu verzichten, da die in der schlussfolgernden Umsetzung für die Kinder noch weitaus größere Härten bedeuten könnten. Kämen die Eltern beispielsweise in Haft, nur weil sie eine Geldstrafe nicht zahlen können, würde das folgerichtig bedeuten, dass ihnen die Kinder weggenommen würden. Maßnahmen, die für die allermeisten Kinder jeglicher Verhältnismäßigkeit entbehren und ihnen nur schaden würden.

Obschon sich übersehene Einzelfälle in unsere Gesellschaft niemals vollkommen ausschließen lassen, ist das eingeführte System weitaus transparenter als noch vor 2007. Unbezweifelt bleibt weiterhin, dass auch Vorsorgeuntersuchungen niemals imstande sein können, hunderprozentig alle Fehlentwicklungen oder Kindesmisshandlungen zu erkennen. Insofern bleibt das Ergebnis im Sinne des Kindeswohls immer ein Zusammenspiel aus kindesgesundheitlicher Vorsorge und Zivilcourage von Familienmitgliedern, Verwandten, Freunden und Nachbarn. Entsprechende Hinweise werden von den Ämtern anonym behandelt.

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