Viola Strerath aus Delmenhorst kämpft gegen Grindwaljagd auf den Färöer-Inseln

Viola Strerath ist Gründungsmitglied des deutschen Ablegers der Captain Paul Watson Foundation mit Sitz in Delmenhorst, die sich für den Schutz von Meerestieren einsetzt. Im August fährt sie auf die Färöer-Inseln, um dort gegen die blutige Jagd auf Grindwale, das so genannten Grindadráp, zu kämpfen.

In der EU ist die Jagd auf Wale grundsätzlich verboten. Die Färöer-Inseln, im Nordatlantik zwischen Island, Norwegen und Schottland gelegen, sind ein Protektorat Dänemarks, sie fallen nicht unter das EU-Recht. Auf den Färöern hat die Jagd auf Grindwale eine lange Tradition und war dort jahrhundertelang entscheidend für die Ernährung – was heute längst nicht mehr der Fall ist.

Warnung vor dem Walfleisch

Tatsächlich spielt das Fleisch der gejagten Grindwale, die auch Pilotwale genannt werden und zu den Delfinen zählen, heute in der Ernährung der Färinger nicht mehr die bedeutendste Rolle. Die Inselgruppe ist zum Beispiel ein wichtiger Lachslieferant für die EU. „Die Färöer haben eins der höchsten Bruttoinlandsprodukte in Europa, sie können ihr Fleisch kaufen, sie müssen es nicht jagen“, sagt Viola Strerath. Tatsächlich warnen Behörden des Landes sogar seit Jahren davor, aufgrund der Belastung mit Giften wie Quecksilber, Dioxinen und PCB, das Walfleisch zu verzehren.

„Für die Färinger ist das Grind ein Sport“, sagt Viola Strerath. Grind ist die umgangssprachliche Bezeichnung für die Jagd. Auf Färöisch ist „Grind“ ein Synonym, es steht zugleich für das Grindwalfleisch und auch für eine Grindwalschule. Die Jagdsaison beginnt mit den steigenden Temperaturen, meist im Juni und geht bis in den September.

 

Mit einem an einem Seil befestigten stumpfen Haken, der in das Blasloch gesteckt wird, wird ein Tier am Wegschwimmen gehindert. Bild: Captain Paul Watson Foundation

 

Wird eine Grindwalschule, also mehrere Familienverbände, die einem Leitwal, dem Pilotwal, folgen, vor der Küste entdeckt, so werden sie von den Färingern mit allen zur Verfügung stehenden Booten und auch mit Jetskis in einer Bucht zusammengetrieben. Anschließend wird den Tieren von den Jägern, die im Wasser stehen, mit einer „mønustingari“, einer mit einer Klinge versehenen Lanze das Rückenmark im Nacken sowie die Halsschlagader durchtrennt. Die Männer stehen dabei im Wasser. Auch Seile und Fanghaken, die in das Blasloch gesteckt werden, kommen zum Einsatz. Bilder der Jagd wirken grausam, da sich das Wasser buchstäblich blutrot verfärbt.

 

Mit einer „mønustingari“, einer mit einer Klinge versehenen Lanze, wird den Grindwalen das Rückenmark im Nacken sowie die Halsschlagader durchtrennt Bild: Captain Paul Watson Foundation

Alle machen mit

Tatsächlich werden für die Jagd das Tagwerk der Menschen unterbrochen, denn alle verfügbaren Männer fahren mit Booten zur Jagd raus. Für Einheimische soll es sogar eine gesetzliche Verpflichtung sein, Grindwalschulen vor der Küste zu melden.  „Früher erwischten sie deutlich weniger Tiere. Doch mit den modernen Motorbooten ist das Einkreisen und die Jagd auf die Tiere viel einfacher“, kritisiert Viola Strerath. Das Fleisch werde nur minimal genutzt. Die Kadaver würden wieder ins Meer zurückgeworfen oder an Land entsorgt, berichtet sie.

 

Bei der Grindwaljagd, wie hier im Juni auf den Färöern, färbt sich das Wasser blutrot. Bild: Paul Watson Foundation

Einsatz im Landteam

Bei ihrem Einsatz im August gehört Strerath zum „Landteam“. Mit anderen Aktivisten will die 38-Jährige auf das Leid der Tiere aufmerksam machen. Regelmäßig fahren Kreuzfahrtschiffe die Hauptstadt Tórshavn an. „Von der Jagd wird den Touristen vorher nichts erzählt, sie wissen gar nicht, was sie dort erwartet. Wir klären sie dann darüber auf.“ Auch wenn Medienteams vor Ort sind, will sie mit ihnen sprechen. Darüber hinaus versuchen Spotter, wenn sie von Land aus eine Grindwalschule vor der Küste sichten, sie mit Hilfe anderer Aktivisten mit Booten von der Küste zu vertreiben, um eine Jagd auf sie zu verhindern.

Neben der Aufklärung von Menschen vor Ort will das Team auch auf die Beteiligung von örtlichen Unternehmen an dem Schlachten der Wale hinweisen. So wollen die Aktivisten dokumentieren und belegen, dass auch Firmen, die Lachs in deutschen Tiefkühltruhen bringen, an der Jagd beteiligt sind.

Was erwartet Viola Strerath bei ihrem ersten Einsatz?

Ihr Einsatz, bei dem sie vom 3. bis zum 31. August auf die Färöer fliegt, ist der erste von Viola Strerath dieser Art. „Bisher war es mir nicht möglich, vier Wochen am Stück Urlaub zu nehmen.“ Ihr aktueller Arbeitgeber jedoch, die Firma Zech Bau aus Bremen, wo sie im Einkauf arbeitet, unterstützt sie in ihrem Bestreben, wie sie berichtet. Für Strerath ist es ungewiss, was sie emotional erwarten wird. „Ich kenne bisher nur die Bilder. Ich weiß noch nicht wie es ist, so eine Jagd live zu sehen, hunderte Liter Blut, der Geruch und die Geräusche beim Abmetzeln der Tiere.“ Tatsächlich können bereits die Bilder der Jagd für Außenstehende verstörend oder gar übelkeitserregend wirken.

 

Viola Strerath ist als Aktivistin im August auf den Färöer-Inseln aktiv.

Verhaftung eines Aktivisten

Erst vor wenigen Tagen wurde kurzzeitig ein Aktivist verhaftet, weil der sich, provokativ in eine blutrote Schlachterschürze gekleidet, illegalerweise eine Drohne gesteuert haben soll. Doch der Vorwurf war haltlos, so Strerath. Sie geht davon aus, dass der Mann in Kürze das Land verlassen muss.

Der Vergleich mit dem Schlachthof

Wenn sich deutsche Aktivisten gegen die Grindwaljagd in anderen Staaten einsetzen, drängt sich eine Frage auf: Sind wir in Deutschland mit der Massentierhaltung und den brutalen Bedingungen in den Schlachthöfen tatsächlich besser? „Das Argument ist völlig richtig und wird auch von den Färingern gern genutzt“, sagt Viola Strerath, „allerdings geht es dort nicht darum, im großen Stil Menschen zu ernähren. Es ist ein Sport aus einer Tradition heraus, bei dem Grindwale getötet werden.“ Strerath selbst verzichtet in ihrer Ernährung auf tierische Produkte.

Tom Strerath vom Einsatz zurück

Viola Strerats Mann Tom war kürzlich selbst noch in England und Irland unterwegs, um – ebenfalls für die Paul Watson Foundation – gegen die Waljagd in Island vorzugehen. Allerdings hat die örtliche Behörde dem dortigen letzten verbliebenen Waljäger aufgrund des zunehmenden politischen Drucks im Land durch Tierschützer und auch durch die Isländer selbst, erst sehr spät eine Lizenz zum Jagen erteilt. Zu spät, wie der Walfangunternehmer sagt, sodass dort dieses Jahr anscheinend gar nicht gejagt wird. Daher mussten sich die Umweltschützer mit ihrem Schiff nicht von England aus in Richtung Island auf den Weg machen. Dennoch wollen sie wachsam bleiben.

 

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