Unter Anklage – Niels Högel gesteht Patientenmorde

In den Weser-Ems-Hallen in Oldenburg begann heute, am 30. Oktober, unter strengen Sicherheitsvorkehrungen der Prozess zur vermutlich größten Mordserie der deutschen Nachkriegsgeschichte. Dem Ex-Krankenpfleger Niels Högel, der für sechs Morde bereits zu einer lebenslangen Haft verurteilt wurde, werden weitere 100 Morde zur Last gelegt.
 
Vor Aufnahme der heutigen Gerichtsverhandlung forderte der Vorsitzende Richter Sebastian Bührmann eine Schweigeminute, um den zahlreichen Opfern Niels Högels zu gedenken. Der Ex-Krankenpfleger soll zwischen 2000 und 2005 an Kliniken in Delmenhorst und Oldenburg für den Tod von 100 Patienten verantwortlich gewesen sein. Im Gefangenentransporter mit vier Begleitwagen wurde Niels Högel von der Justizvollzugsanstalt Oldenburg zu den Weser-Ems-Hallen gebracht.
 

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Langeweile und Geltungssucht

 
Wie es die Staatsanwaltschaft darlegte, spritzte Högel während seiner Tätigkeit als Krankenpfleger seinen Patienten Medikamente mit tödlichen Nebenwirkungen, um sie danach wiederzubeleben. Die Wiederbelebungsversuche scheiterten jedoch immer wieder. Motiv seien Langeweile und Geltungssucht vor den Kollegen gewesen. Die Befragungen des Angeklagten an diesem Gerichtstag zeigten, dass für Niels Högel selbst schon früh erkennbar war, dass er den Anforderungen die der Beruf des Krankenpflegers mit sich bringt nicht gerecht werden kann. So gab er zu, unter starkem Leistungsdruck gestanden, und schon beim Berufsstart zu Schmerzmitteln gegriffen zu haben.
 

Geständnis

 
Seine Schmerzmittelsucht blieb nicht das einzige Geständnis. In ihrer Anklageverlesung ging die Staatsanwaltschaft auf jeden einzelnen der 100 Fälle ein. Die Frage Bührmanns an Niels Högel, ob die gegen ihn erhobenen Vorwürfe mehrheitlich zuträfen, wurde vom Angeklagten bejaht. Am bereits bestehenden Richterspruch – lebenslange Haft und besondere Schwere der Schuld – wird der laufende Prozess nichts ändern, die Nebenkläger hoffen jedoch, Gewissheit über das Schicksal ihrer Angehörigen zu erhalten.
 

Aus Zeugen werden Angeklagte

 
Vor Prozessbeginn berichtete Christian Marbach, Sprecher der Opfervereinigung von einer „Achterbahn der Gefühle“. „Wir sehen heute den Mörder unserer Angehörigen wieder“. In die starke Anspannung mische sich auch große Erleichterung. Immerhin mussten die 126 Nebenkläger vier Jahre lang dafür kämpfen, dass Niels Högel für weitere 100 Morde zur Verantwortung gezogen wird. Die Opfervereinigung versteht die kommenden Verhandlungen auch als Vorbereitung auf den Prozess gegen die Kliniken und deren Verantwortlichen, die sie für diese große Mordserie mitverantwortlich sehen. Marbach geht davon aus, dass Högel im weiteren Verlauf gegen Mitarbeitern der Kliniken in Oldenburg und Delmenhorst auspacken wird, die bei seinen Morden aktiv weggeschaut hätten.
 
Bildunterschrift:
Aufgrund der großen Teilnehmerzahl wurde der Prozess in die Weser-Ems-Hallen verlegt.

 
Video: Nonstopnews

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