Stoppt ein Moor das neue Graftwasserwerk? – Neue Erkenntnisse im Stadtwerke-Aufsichtsrat

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Wer dachte, rund acht Jahre nachdem der Delmenhorster Stadtrat die erneute Trinkwasserförderung in der Graft beschlossen hatte und inzwischen eine behördliche Genehmigung zur Wasserförderung vorliegt, könne es keine großen Überraschungen mehr geben, dürfte sich getäuscht sehen. In der Sitzung am Dienstag, 30. Mai 2023, erfuhren die Aufsichtsratsmitglieder der Stadtwerke durch einen Gutachter, dass es sich bei den Wiekhorner Wiesen in Teilen um ein Moor und anteilig um moorartige Flächen handelt. Aufgrund des Niedersächsischen Klimagesetzes (NKlimaG) könnte das möglicherweise den Bau eines neuen Wassserwerks vereiteln, wie SWD-Chef Hans-Ulrich Salmen und Aufsichtsratschef Alexander Mittag im Anschluss an die Sitzung der Presse darlegten.

Der emeritierte Professor Hans Joosten aus Greifswald gilt als eine Koyrphäe auf dem Gebiet der Moore. Und er war es, der dem Aufsichtsrat der Stadtwerke am Dienstag neue Informationen überbrachte. Bei der Fläche der Wiekhorner Wiesen handelt es sich, so der Experte, in Teilen um ein Moor und in Teilen um anmoorige Gebiete. Das ist deswegen von Belang, weil 2021 das niedersächsische Klimagesetz erlassen wurde. Moore haben Einfluss auf den Klimawandel. Sie haben die Möglichkeit CO2 zu speichern. Sind sie allerdings zu trocken, dreht sich ihre Wirkung um, sie geben CO2 ab.

„Klimaschaden von 400.000 Euro“

In Bezug auf die Wiekhorner Wiesen bedeutet das: Würde man dort wieder Trinkwasser fördern, würde das demnach zu einer erhöhten CO2-Emittierung führen, so die aktuelle Einschätzung. Wie Stadtwerke-Chef Hans-Ulrich Salmen und Aufsichtsratschef Alexander Mittag (SPD) nach der Aufsichtsratssitzung darlegten, handelt es sich dabei um eine geschätzte Menge von rund 2.000 Tonnen CO2 pro Jahr, die emittiert würden. Salmen sprach wörtlich von „einem Klimaschaden von 400.000 Euro pro Jahr“.

 

Aufsichtsratschef Alexander Mittag (SPD) (li.) und SWD-Chef Hans-Ulrich Salmen sehen sich mit neuen Informationen konfrontiert.

 

 

Keine Baugenehmigung für ein Wasserwerk?

Salmen rechnet sogar damit, dass aufgrund der Gesetzeslage womöglich sogar eine Baugenehmigung für ein neues Wasserwerkes untersagt werden könnte. „Wir reden über Klimawandel.  Wir haben keine Zeit. Es geht um verpasste Gelegenheiten den Klimawandel einzudämmen.“

Mit den neuen Gegebenheiten muss sich nun die Ratspolitik auseinandersetzen. Laut Mittag sei der Umweltausschuss das richtige Gremium dafür. Seiner Aussage nach stehen drei Ziele im Vordergrund: die Trinkwassersicherheit zu gewährleisten, der Klimaschutz und die Sicherheit des Eigentums der nahegelegenen Anwohner. „Es darf kein Ausspielen von Klimaschutz gegenüber Trinkwassersicherheit geben“, so Mittag.

Stadtwerke-Chef Hans-Ulrich Salmen sieht sich aktuell auf Nachfrage nicht in der Lage zu sagen, ob ein womöglich in kommenden Jahren steigender Trinkwasserbedarf in der Stadt auch durch eine stärkere Förderung des Wasserwerks in Annenheide und womöglich durch einen stärkeren Zukauf vom Lieferanten OOWV, der schon heute Trinkwasser nach Delmenhorst liefert, zu decken sei. Solche Gedanken verböten sich für ihn aktuell, weil es einen Ratsbeschluss auf Trinkwasserförderung in der Graft gebe, an den er sich halte. Nun gibt es in der Lokalpolitik Befürworter und Gegner eines neuen Wasserwerks. Die Befürworter haben die sterbenden Bäume der Graft und die mitunter nassen Keller der nahen Anwohner im Auge, die Gegner befürchten erhebliche Kosten durch den Bau eines Wasserwerks, die nicht durch die Trinkwassergebühren zu decken seien.

 Alexander Mittag: „Kein Gefälligkeitsgutachten“

Nun muss die Politik entscheiden, wie sie mit der neuen Erkenntnislage umgeht. Prof. Joosten hatte Stadtwerke-Chef Salmen übrigens im Rahmen eines Vortrages beim Hanse-Wissenschafts-Kolleg (HWK) kennen gelernt. Dass Salmen kein Freund einer neuerlichen Trinkwasserförderung ist, daraus hat er nie einen Hehl gemacht. Dass es sich bei dem nun vorliegenden Gutachten um ein Gefälligkeitsgutachten handeln könnte, um den Bau eines Wasserwerks zu verhindern, schließt Alexander Mittag aus: „Die Fachmeinung von Herrn Joosten genießt ein hohes Maß an Ansehen.“

 

Bild oben:

Schon seit Jahren beschäftigt das Thema Wasserwerk in der Graft (hier ein Archivbild des alten Wasserwerks) Politik und Verwaltung.

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