Sozialausschuss sieht Reformbedarf bei der Pflege – Punkte-Paket erhält Zustimmung

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Vorgestern, 4. Februar, saß im großen Sitzungssaal des Rathauses der Ausschuss für Soziales und Gesundheit zusammen. Auf der Tagesordnung stand ein Antrag des Ratsherrn Dr. Harald Groth für die Gruppe SPD & Partner zur Situation der Pflege in Delmenhorst und Reformbedarfe. Zwei Vorträge externer Gäste nahmen darauf Bezug und gaben zusätzliche Einblicke. In leicht abgeänderter Form wurde der Antrag an den Stadtrat weiterempfohlen.
 
Ehe sich das Gremium mit dem elf Punkte umfassenden Antrag auseinandersetzte, kamen zwei Gäste zu Wort. Christoph Brauner, Referent der Pflegekammer Niedersachsen, ging insbesondere auf die ambulante Pflege ein. Als Vertreter der Pflegekonferenz sowie Kreisgeschäftsführer des Delmenhorster Kreisverbandes des DRK nahm daneben auch noch Michael Pleus zu dieser Angelegenheit Stellung.
 

Brauners Vorschläge werden gesondert behandelt

Für wesentlich hält Brauner eine wissenschaftliche Bedarfsplanung mithilfe eines Pflegebedarfsbemessungssystems, die Anerkennung der tarifbezogenen Vergütung, die Entwicklung eines Kalkulationsschemas, die Abschaffung von Komplexleistungen, den externen Vergleich für Gehaltsobergrenzen, die Pflege nach Zeit sowie die Aufstellung von Grundlagen für den Einsatz von Pflegefachkräften.

Antragsteller und Ausschussvorsitzender Dr. Harald Groth (SPD) schlug vor, diese Aspekte in seinen Antrag mitaufzunehmen. Während sich Ratsfrau Edith Belz (Die Linke) ausdrücklich dagegen aussprach, plädierte Ratsherr Dr. Michael Adam (CDU) dafür, alle Punkte in einem Papier zu integrieren. Letztlich folgte die Mehrheit der Ausschussmitglieder Belz und entschied sich, in einem separaten Antrag Brauners Punkte an die niedersächsische Landesregierung weiterzugeben.
 

Mitglieder des Sozialausschusses stehen hinter dem Antrag

Mit Beginn der Besprechung der einzelnen Punkte, warf Dr. Adam ein, im Antrag eine Umformulierung vorzunehmen, die bewilligt wurde. Anstelle der Gruppe SPD & Partner vertritt Dr. Groth damit alle Mitglieder des Sozialausschusses. Der erste Punkt im Antrag beinhaltet, dass der Ausbildungsverbund zwischen sämtlichen Akteuren für die von diesem Jahr an neue, integrierte Ausbildung zur examinierten Pflegefachkraft begrüßt wird.

Es folgt die Aufforderung an alle Pflegebetriebe in der Stadt, zur Teilhabe an der Ausbildung des unbedingt erforderlichen Bedarfs an Fachkräften. Konkret bedeutet das, Ausbildungsplätze anzubieten und tariflich zu vergüten.

Beim dritten Punkt wird dem Ratsbeschluss, im Stadtgebiet einen Standort für eine öffentlich finanzierte, nach Möglichkeit duale, grundständige hochschulische Ausbildung zum Bachelor of Arts (B.A.) Pflege zu schaffen, Wohlwollen entgegengebracht. Am 12. November Björn Thümler Minister für Wissenschaft und Kultur
 

Akkreditierung für Studiengang soll beim Wissenschaftsministerium eingereicht werden

Es folgt die Aufforderung an alle Pflegebetriebe in der Stadt, zur Teilhabe an der Ausbildung des unbedingt erforderlichen Bedarfs an Fachkräften. Konkret bedeutet das, Ausbildungsplätze anzubieten und tariflich zu vergüten.

Beim dritten Punkt wird dem Ratsbeschluss, im Stadtgebiet einen Standort für eine öffentlich finanzierte, nach Möglichkeit duale, grundständige hochschulische Ausbildung zum Bachelor of Arts (B.A.) Pflege zu schaffen, Wohlwollen entgegengebracht. Am 12. November wurde Björn Thümler, der niedersächsische Minister für Wissenschaft und Kultur mit einem Schreiben darüber informiert.

Für kommenden Montag, 10. Februar, wurde ein persönlicher Termin mit ihm vereinbart, um die Pläne zu konkretisieren. Vom Gremium wurde beschlossen, einen Akkreditierungsantrag für den Studiengang zu formulieren, der bei seinem Ministerium vorgelegt werden soll. Der nächste Aspekt sieht vor, dass die Stadt im Bedarfsfall Betrieben, insbesondere kleineren, organisatorisch unter die Arme greift, damit überall genügend Anleiter oder Ausbilder verfügbar sind.
 

Gegen Mängel in der ambulanten Pflege vorgehen

Um die Behebung struktureller Mängel in der ambulanten Pflege unter Mithilfe der Kassen und der Landesregierung wird im fünften Punkt appelliert. Eine angepasste Rahmenvereinbarung sämtlicher ambulanter Dienste unter Berücksichtigung des Pflegestärkungsgesetzes (PSG) II ist erforderlich. Transparenz und Einheitlichkeit bei der Erfassung der Kosten der Dienste ist zu gewährleisten.

Dazu kann ein Kalkulationsschema beitragen. Punktwerte pro Einzelleistung müssen als angemessen sowie die Vergütung je Punkt als geeignet gelten, was es den Trägern der Dienste ermöglicht, mindestens tarifliche Löhne zu refinanzieren. Falls diese Klarstellungen nicht geschehen, verlangt der Rat von der Stadtverwaltung, die kommunalen Spitzenverbände zu Verbesserungen anzuhalten.

Sowohl in Delmenhorst als auch in Niedersachsen müssen ambulante Dienste zuverlässig jeder Person, die einen Antrag stellt, auf ihren Wusch hin einen Pflegevertrag anbieten können. Bezogen auf die stationäre Pflege lautet die Forderung des Rates an die Stadtverwaltung, zur Berechnung der Pflegesätze realistische Auslastungen statt der nicht erreichbaren 98 Prozent als Grundlage heranzuziehen.
 

Forderungen für die stationäre Pflege werden an die Landesregierung gerichtet

Wenn die Stadt bei den Verhandlungen darüber mit den Pflegekassen das Nachsehen hat, soll sie die Pflegesatzkalkulation mit einer Zwangsauslastung von 98 Prozent anfechten und sich an die Schiedsstelle wenden. Rudolf Mattern, der Fachbereichsleiter für Jugend, Soziales und Gesundheit bat den Punkt zur stationären Pflege in dieser Form nicht aufzunehmen.

Ansonsten wird dieser von der Stadtverwaltung angefochten. Eine vermittelnde Lösung fand Dr. Groth, diesen Aspekt wie bereits Brauners Vorschläge an die Landesregierung zu adressieren. Die Ausschussmitglieder stimmten dem zu. Zusätzlich wurde darin aufgenommen, dass von einem Gutachter eine Studie zum Risikozuschlag erstellt werden soll, weil es Brauner zufolge denkbar ist, den Prozentsatz der Auslastung zu senken und dafür einen festgelegten Risikozuschlag einzuführen.
 

Kosten sollen nicht allein auf dem Rücken der Pflegebedürftigen lasten

Dass bislang für die Mehrkosten durch sogenannte „Agenturkräfte“, also leihweise beschäftigte Fachkräfte, die Pflegebedürftigen aufkommen, davon sollen diese befreit werden. Bis ausreichend Fachkräfte vorhanden sind, sollen die Kommunen dies Kosten tragen, solange ein paar Bedingungen erfüllt werden.

Jeweilige Betriebe müssen ausbilden, sich aktiv am Abbau des Fachkräftemangels beteiligen und garantieren, dass diese Mehrkosten nicht in den Pflegesatz einfließen, der von Pflegebedürftigen abgerechnet wird. Im achten Punkt geht es darum, der Niederlassung neuer Pflegeheime in Delmenhorst Einhalt zu gebieten, da die Anzahl der Anbieter die Nachfrage deutlich übersteigt.

Neue Heimpflegeplätze sollen deshalb wieder im Voraus von der Kommune abgesegnet werden müssen. Vom Rat ergeht daher die Forderung an den Landtag, bei der nächsten Reform des Pflegeausführungsgesetzes die Kommunen mit dieser Kompetenz auszustatten. Daneben wird beim folgenden Aspekt für eine Risikoumkehr plädiert. Statt das ganze Risiko der Kosten zu tragen soll Pflegebedürftigen während der Pflege ein begrenztes Risiko bewilligt werden.
 

Krankenkassen und -versicherungen kommen ihrer Pflicht in Heimen nicht nach

Das gilt zumindest solange, wie noch keine Pflegevollversicherung existiert. Im Gegenzug ist das offene Risiko an die Kassen und die Zuschuss gewährende öffentliche Hand weiterzureichen. Über den Städtetag fordert der Rat, sich bei der nächsten Reform des Pflegeversicherungsgesetzes für eine Risikoumkehr einzusetzen.

Nach Angaben von Dr. Groth herrscht darüber zwischen den Parteien weitgehende Einigkeit. Mit der Praxis, dass für Bewohner von Pflegeheimen trotz bezahlter Krankenversicherung Kosten für die Behandlung und Krankenpflege berechnet werden, als seien sie nicht gesetzlich krankenversichert, will der zehnte Punkt brechen.

Er sieht vor, dass die Krankenversicherung diese Kostenanteile deckt. Behandlungs- und Krankenpflegekosten im Pflegeheim, die in die Pflegesätze einberechnet werden, haben die Krankenkassen zu übernehmen. Vom Rat geht deshalb über den Städtetag der Appell an die Bundesregierung, das Pflegeversicherungsrecht entsprechend zu verändern, damit Krankenversicherte auch im Heim ihre Versicherungsleistungen beziehen können.
 

Heimbewohnern soll das Recht auf Wohngeld eingeräumt werden

Zuletzt wird gefordert, das Wohngeldrecht zu lockern, denn Heimbewohner müssen ihre Mieten aus eigenen Mitteln bestreiten, weil es nicht auf derartige Situationen spezialisiert ist. Es soll ermöglicht werden, für Mieten im Pflegeheim bei besonderen Einkommensregelungen Wohngeld beantragen zu können.

Alle Punkte wurden einvernehmlich vom Gremium beschlossen. Im Verwaltungsausschuss wird kommenden Mittwoch, 12. Februar, darüber beraten, ehe der Stadtrat eine Woche später am Mittwoch, 19. Februar, über den Antrag aller Mitglieder des Sozialausschusses entscheidet.
 
Bild: Der Sozialausschuss unter dem Vorsitzenden Dr. Harald Groth macht in einem Antrag Reformbedarf bei der Pflege geltend.

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