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Rat beschließt Übernahme des Krankenhauses – Mandalka fordert Jahnz zum Rücktritt auf – Galerie und Video

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Hoch her ging es in der Sondersitzung des Stadtrates am gestrigen Dienstag, 28. November. Dabei stand nur eine Entscheidung an, die es aber in sich hatte: Soll die Stadt das Josef-Hospital Delmenhorst (JHD) komplett übernehmen? Angesichts der erwarteten Kosten von 23,5 Millionen Euro und gut 1.000 Beschäftigen wurde die Entscheidung ausführlich diskutiert. Am Ende stimmte eine große Mehrheit dafür.

Dass das Thema großes Interesse der Delmenhorster fand, zeigte sich schon anhand der etwa 100 Zuschauer – für eine Ratssitzung sehr viel.

Viele Bürger noch immer gegen Neubau in Innenstadt

Einige Zuschauer forderten in der Einwohnerfragestunde, den geplanten Neubau nicht in der Innenstadt zu errichten. „Die Gründe, die für den Standort Mitte vorlagen, sind hinfällig“, sagte etwa Wolf Schäfer. Zugleich wunderte er sich, dass die falschen Zahlen unter früheren Geschäftsführern des JHD jahrelang nicht aufgefallen seien. „Der Beschluss zum Standort Mitte war eine Betrugs-Vorlage“, meinte gar Hartmut van der Wart. Außerdem sei der Zustand der Brandruine des Josef-Stiftes unklar, was die Kosten für den geplanten Neubau steigern könne.

Jahnz weist Standortfrage zurück

Gegen eine Neuauflage der Standortfrage sprach sich Oberbürgermeister Axel Jahnz (SPD) aus: „Es wird immer wieder über die Standortfrage gesprochen. Der Standort Mitte steht fest, der Förderbescheid ist daran gebunden. Der Beschluss wurde nicht erschlichen.“ Stattdessen seien damals die verschiedenen Standort-Modelle vorgestellt und die Entscheidung für Mitte getroffen worden.

Er sprach sich dafür aus, die Ereignisse im Krankenhaus in den letzten Jahren unter die Lupe nehmen zu lassen. Und stellte klar: „Es stellt sich die Frage: Geben wir die Delmenhorster Krankengeschichte auf? Das wäre möglich. Aber ist das der richtige Weg? Nein, das ist er nicht. Hier ist kein Ratsmitglied, das sich diese Entscheidung heute leicht macht.“

Oestermann: Krankenhaus wieder auf richten Weg bringen

Auch Bettina Oestermann (SPD) sprach sich für den Standort Mitte aus: „Es geht nicht mehr darum, wo wir es hin bauen, sondern ob wir es hinbekommen.“ Mitte 2014 sei die Fusion der beiden Delmenhorster Kliniken zum JHD der richtige Weg gewesen, um die Häuser zu retten. Jetzt gehe es darum, das Krankenhaus wieder auf den richtigen Weg zu bringen. „Mir wird bei den Kosten ganz schwindelig.“

Aber bei Nichtstun drohe ein Verlust der Delmenhorster Krankenversorgung und der Arbeitsplätze. Da die geplanten 23,5 Millionen für die Sanierung eh anfielen, sei es besser, es zu re-kommunalisieren. Zugleich bat sie um namentliche Abstimmung. „Jeder soll sehen, wofür wir stehen.“ Diesem Vorschlag schlossen sich fast alle folgenden Redner an.

Ognonovski: Städtische Trägerschaft besser als private

„Wir entscheiden heute über etwas, was uns 20 Millionen Euro kosten wird“, meinte Kristof Ogonovski (CDU). Die Alternative zur Übernahme sei, die Lichter im JHD auszumachen. Zwar rechne er dann fest damit, dass ein privater Investor ein privates Krankenhaus in Delmenhorst eröffnet. Dieser wäre dann aber an Gewinn interessiert und würde vermutlich einige weniger lukrative Bereiche außen vor lassen.

„Uns reicht ein Krankenhaus, dass eine schwarze Null schreibt“, hob er den Unterschied durch städtische Trägerschaft hervor. Zudem schlug er vor, einen unabhängigen Wirtschaftsprüfer mit der Untersuchung der Krankenhaus-Zahlen der letzten 15 bis 20 Jahre zu beauftragen. Auch Edith Belz (Linke) und Andrea Lotsios (Grüne) plädierten für die Re-Kommunalisierung. Lotsios Kollege Harald Schneewind enthielt sich dagegen, weil der Antrag ihm „Bauchschmerzen“ bereite.

Dähne: Geld lieber in Schulen stecken

Gegen die Übernahme sprach sich dagegen Uwe Dähne (Unabhängige Delmenhorster) aus: „Die Vorlage und das Vorgehen sind für mich fahrlässig. Sie sichern nicht die Arbeitsplätze und kosten immer wieder Geld.“ Die Mittel seien besser in der Sanierung von Schulen und Sportstätten aufgehoben.

AfD gegen Antrag

Dass die Beschlussvorlage erst einen Tag vor der Sitzung verfügbar gewesen sei, bemängelte Ratsherr Jürgen Kühl (AfD). Diese Zeit reiche kaum, um sich mit dem Thema auseinander zu setzen. Da die Insolvenz des JHD und dessen Neubau jetzt miteinander verknüpft würden, stimme seine Partie gegen den Antrag.

Sein Parteikollege Lothar Mandalka (ebenfalls AfD) griff Jahnz direkt an. Dieser hätte wissen müssen, dass die Zahlen von früheren Geschäftsführern falsch waren. Ein Verkauf an einen Privatinvestor sei mittelfristig zu erwarten, da die Stadt die Kosten der Sanierung kaum stemmen könne. Der Stadt gehe es nur darum, den Schaden zu minimieren. Steuererhöhungen seien wahrscheinlich. Zudem wolle die Stadt nach dem Krankenhaus-Umzug in den Innenstadt-Neubau die alten Grundstücke an der Wildeshauser Straße an die AWO zu übergeben. „Die AfD fordert Jahnz auf, seinen Rücktritt zu erklären“, forderte Mandalka schließlich.

Dass der Förderbescheid nur für den Innenstadt-Standort gelte, bezweifelte derweil Eva Sassen (Bürgerforum). Dieser sei nur für die Zusammenlegung der Häuser ausgestellt worden. Zudem habe sie gehört, dass auch ein kirchlicher Träger an der JHD-Übernahme interessiert sei, nicht nur private. Zudem fürchte sie, dass der Neubau deutlich teurer als geplant wird. Um diese Kosten zu stemmen, müsse Stadt die Grundsteuer B erhöhen.

Insolvenzberater entlastet Jahnz

Für Jahnz als Mitglied des Aufsichtsrates sprang Insolvenzberater Mark Boddenberg in die Bresche, der die Zahlen des JHD gesehen und am Sanierungskonzept mitgearbeitet hat: „Die jetzige Lage im Krankenhaus war nicht erkennbar.“ Den bisherigen Ausschüssen und dem Aufsichtsrat seien falsche Zahlen vorgelegt worden. Wie das möglich sei, könne er nicht erklären.

Abschließend wandte sich Jahnz direkt an Mandalka: „Sie sind mir so ’ne richtige, rechte Freude.“ Er warf Mandalka vor, nicht rechnen zu können. Letzte Woche hatte dieser in einer Ratssitzung von Kostensteigerungen für den Neubau von 30 Millionen gesprochen, ohne diese Zahl zu begründen. „Sie haben keine Ahnung. Nehmen Sie es nicht so persönlich. Ich trete nicht zurück.“

Breite Mehrheit für Antrag

Bei der abschließenden, namentlichen Abstimmung stimmten 30 Ratsherren für die Übernahme, sieben dagegen und zwei mit Enthaltung. Mandalka selbst stimmte nicht ab, da er befangen sei.

Damit wird die Stadt in den kommenden drei bis dreieinhalb Jahren 23,5 Millionen Euro in das bestehende JHD an der Wildeshauser Straße investieren müssen – zusätzlich zu fünf Millionen, die bereits zurückgelegt wurden. Zum 15. Dezember soll die Regelinsolvenz eingeleitet werden, die Überführung in eine städtische Gesellschaft zum 1. März 2018.

Foto: Oberbürgermeister Axel Jahnz (SPD) sprach sich für die Übernahme des Klinikums durch die Stadt aus.

Foto Mitte: Auch Bettina Oestermann (SPD, vorn) stimme für eine Übernahme – auch wenn er bei den Kosten „schwindelig“ wird.

Foto unten: Auch Delmenhorsts Landtagsabgeordneter Deniz Kurku (SPD, links) nahm an der Sitzung teil.

Video: Nach der Abstimmung erklärte Oberbürgermeister Axel Jahnz, was die Abstimmung für die Stadt und das Krankenhaus bedeutet.

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