Qualifizierte Leichenschau soll Vertrauen schaffen – Vorreiter in Deutschland
Damit künftig Morddelikte wie die des Niels H. nicht mehr so leicht möglich sind, haben beide Delmenhorster Krankenhäuser beschlossen, als erste in Deutschland, eine qualifizierte Leichenschau einzuführen. Sie kann Hinweise auf Unstimmigkeiten geben und so unabhängige Ermittlungen einfordern.
Geschäftsführer und Chefärzte beider Delmenhorster Krankenhäuser haben beschlossen, ab dem 1. August eine qualifizierte Leichenschau einzuführen. Dem liegt zugrunde, dass es dem Krankenpfleger Niels Högel möglich war, jahrelang unentdeckt Patienten zu töten. Bisher stellt nach dem Versterben eines Patienten üblicherweise ein anwesender Arzt den Tod fest und führt eine Leichenschau durch. Liegen keine Besonderheiten vor, wie zum Beispiel ein Sturz, der zum Krankenhausaufenthalt führte oder ein unerwarteter Tod des Patienten, der nicht zum Krankheitsbild oder –verlauf passt, wird das Versterben des Patienten in der Regel als natürlicher Tod bewertet.
Vorreiter in Deutschland
Als erste in Deutschland führen nun das Klinikum Delmenhorst und das St. Josef-Stift ab dem 1. August 2015 die qualifizierte Leichenschau ein. Künftig wird die Leichenschau nach dem Vier-Augen-Prinzip wie folgt ablaufen: Der Klinikarzt stellt den Tod des Patienten fest und dokumentiert diesen auf einem dafür entwickelten Dokumentationsbogen. Dann wird ein speziell geschulter Arzt des Ärztlichen Beweissicherungsdienstes der Gerichtsmedizin Bremen hinzugezogen. Dieser unabhängige Rechtsmediziner nimmt eine äußere Leichenschau vor, bewertet die Todesumstände und füllt die Todesbescheinigung aus. Bei der Feststellung nicht natürlicher oder unklarer Todesursachen werden Angehörige und Polizei informiert. Die qualifizierte Leichenschau erfolgt in Zusammenarbeit mit der Bremer Gerichtsmedizin, die Kooperation wird vom Institut für Rechtsmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover wissenschaftlich begleitet. Die Kosten für das neue Verfahren belaufen sich auf 125 Euro pro Fall und werden von den Krankenhäusern selbst getragen. In beiden Krankenhäusern zusammen sterben jährlich rund 600 Patienten.
Ein Schritt zu mehr Sicherheit
Kritiker behaupten, dass letztlich nur eine Obduktion helfe, die endgültige Todesursache herauszufinden. Da diese von vielen Angehörigen aus persönlichen oder religiösen Gründen abgelehnt wird, ist die qualifizierte Leichenschau ein gezielter Schritt zu mehr Patientensicherheit
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