Pauschale Gewerbesteuer-Stundung erneut im Fokus – Kritik am Rechtsamt

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Für die vergangene Rats- und Verwaltungsausschusssitzung hatten die Fraktionen FDP/UAD und SPD einen Antrag auf eine pauschale Stundung der Gewerbesteuer für Unternehmen in Delmenhorst gestellt. So sollten in der Corona-Krise örtliche Unternehmen schnell und unbürokratisch entlastet werden. Der Antrag war von der Verwaltung in dieser Form abgelehnt und umformuliert worden mit der Begründung, dass eine pauschale Stundung der Gewerbesteuer rechtlich nicht möglich sei. Doch wie Antragsteller Murat Kalmis (FDP) inzwischen herausgefunden hat, wäre eine pauschale Steuerstundung anscheinend doch möglich gewesen. Sie wird vom Niedersächsischen Innenministerium allerdings nicht empfohlen. Die nordrhein-westfälische Stadt Bergisch Gladbach hat diesen Schritt einer pauschalen Gewerbesteuerstundung bereits vollzogen.

In einem Schreiben des Niedersächsichen Ministerium für Inneres und Sport vom 25.03.2020 an die kreisfreien Städte der Region Hannover, das als Handlungsempfehlung zu verstehen ist, heißt es unter dem Punkt „1. Stundung kommunaler Steuern, insbesondere Gewerbesteuern“ wörtlich: 

Empfohlen werden Anträge

„(…) Bei den zu treffenden Maßnahmen sollte u.a. beachtet werden, dass in einer Krise die Belastungen und Geschäftsausfälle durchaus unterschiedlich sein können, sodass z. B. pauschale Stundungen nicht für alle Gewerbetreibenden oder alle Steuerarten erforderlich und notwendig sein können.“ 

Stattdessen empfiehlt das Ministerium kulante Steuerstundungen für die Unternehmen auf Antrag. Als Hintergrund wird in dem Schreiben genannt, dass die Kommunen verantwortlich mit den Kommunalfinanzen umzugehen hätten und dass im Zuge der Krise auch für die Kommunen selbst mit einem finanziellen Schaden zu rechnen sei.  

Zweifel an rechtlicher Unzulässigkeit

Doch als in Delmenhorst politisch über das Thema beraten wurde, hieß es seitens der Verwaltung, eine pauschale Steuerstundung sei rechtlich gar nicht möglich. In einer E-Mail von Oberbürgermeister Axel Jahnz an die Ratsmitglieder im Vorfeld der Ratssitzung heißt es zum Beispiel wörtlich: „Hintergrund ist, dass Stundungen pauschal rechtlich leider nicht zulässig sind, sondern nur durch individuelle Anträge der Unternehmen auf den Weg gebracht werden können. Die Behörden müssen stets jeden Einzelfall prüfen.“ 

Doch daran bestehen nun Zweifel. Warum sollte ein Ministerium aus finanziellen Gründen die Stundung den Kommunen nicht empfehlen und stattdessen zu einem Vorgehen mit Anträgen raten, wenn rechtlich diese Möglichkeit gar nicht bestünde? 

Kalmis: „Eine pauschale Stundung ist möglich“

„Ich habe mich bei Landtags- und Bundestagsabgeordneten erkundigt, eine pauschale Stundung ist sehr wohl möglich“, sagt Kalmis. Er will nun einen Änderungsantrag einbringen, damit sich die Lokalpolitik noch einmal unter den neuen Gegebenheiten mit der Sache beschäftigt. 

Pauschale Stundung in Bergisch Gladbach bereits erfolgt 

Eine Stadt, die bereits eine pauschale Gewerbesteuerstundung vorgenommen hat, ist die Stadt Bergisch Gladbach in NRW. Für den Termin 15. Mai wurden alle Gewerbesteuervorauszahlungen ausgesetzt. Die Stadt Bergisch Gladbach, die 111.000 Einwohner hat, geht davon aus, dass dadurch den örtlichen Unternehmen 10 Millionen Euro an liquiden Mitteln verbleiben. 

„Wirtschaft braucht jeden baren Euro“

Die Stundung weiterer Steuern kann per Formular auf der Internetseite beantragt werden. Bürgermeister Lutz Urbach erklärt die Entscheidung: „Damit leisten wir unseren Beitrag zur Sicherung der Liquidität der örtlichen Wirtschaft. Sie braucht jeden baren Euro, um durch die Krise zu kommen.“ 

Kritik am Rechtsamt

Eine ähnliche Entscheidung hätte sich wohl auch Murat Kalmis für Delmenhorst gewünscht. Besondere Brisanz bekommt die Angelegenheit deswegen, weil sich laut Kalmis bei der Ablehnung auf das städtische Rechtsamt berufen wurde. 

Bereits bei der unbemerkten Zählpanne im Verwaltungsausschuss sowie bei weiteren Beispielen zuvor hatte dessen Leiter Klaus Köhler Kritik einstecken müssen. „Es ist ein Unding, dass uns die Stadt sagt, eine pauschale Stundung sei nicht möglich, obwohl sie möglich ist. Wenn man sich auf die Aussagen des Rechtsamtes nicht verlassen kann, wie soll man da Politik machen?“, fragt Kalmis.

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