Niels Högel in 85 Fällen des Mordes schuldig gesprochen – zu lebenslanger Haft verurteilt [Video]

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Der Patientenmörder Niels Högel ist am 6. Juni 2019 vor dem Landgericht Oldenburg zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Högel im Rahmen seiner Tätigkeit als Krankenpfleger in den Kliniken Oldenburg und Delmenhorst in den Jahren 2000 bis 2004 85 Menschen ermordet hat. Eine besondere Schwere der Schuld wurde erkannt.

Es waren emotional berührende Momente am Donnerstagmorgen im Saal der Weser-Ems-Halle. Mehrfach machte der Vorsitzende Richter Sebastian Bührmann in einer Ansprache vor der eigentlichen Urteilsbegründung deutlich, dass die Taten von Niels Högel „unfassbar“ seien, sie seien „mit den Armen nicht zu umfassen.“ Um die Dimensionen zu verdeutlichen, rechnete Bührmann vor, dass, wenn es wie in den USA in Deutschland eine Aufaddierung der Strafe gebe, Högel zu 85 Mal „lebenslänglich“ verurteilt worden wäre. „Das würde eine Gesamtfreiheitsstrafe von 1275 Jahren ergeben.“

Keine Gewissheit in 15 Fällen

Bührmann bedauerte, dass in 15 der 100 verhandelten Fälle den Angehörigen keine Gewissheit gegeben werden könne, dass Niels Högel ihre geliebte Person getötet habe. Sie müssen nun mit der Ungewissheit leben. Die Beweislage aufgrund der medizinschen Gutachten, dass durch eine Manipulation Högels der Tod der betroffenen Personen eingetreten ist, war in diesen Fällen zu dünn, Högel wurde in diesen Fällen freigesprochen. „Wir hinterlassen Steine statt Brot“, sagte Bührmann bedauernd.

Der Richter spricht die Wahrheit –
Niels Högel lügt

Bereits 2014/2015 war Niels Högel wegen sechsfachen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Sie wird nun mit der aktuellen Strafe verrechnet, es bleibt also bei lebenslänglich. Im Prozess 2014/2015 hatte Richter Sebastian Bührmann Högel bereits angekündigt, dass es sich rächen werde, wenn Högel die Unwahrheit sage. Mehrfach habe Bührmann Högel damals gefragt, ob es weitere Taten gebe als die sechs damals verhandelten. Högel verneinte.
„Ich habe damals die Wahrheit gesagt, Sie nicht“, sagte Bührmann heute bei der Urteilsverkündung zu Högel. „Das fliegt Ihnen heute um die Ohren“, so Bührmann wörtlich. Das Gericht stellte eine besondere Schwere der Schuld fest, sodass Högel erst dann wieder aus der Haft entlassen wird, wenn festgestellt wird, dass er für die Gesellschaft keine Gefahr darstellt. Für eine Sicherungsverwahrung fehlten die rechtlichen Möglichkeiten, so Bührmann. Doch die Konsequenz in Bezug auf die Länge der Freiheitsstrafe sei die gleiche. Högel wurde zudem mit einem Berufsverbot als Krankenpfleger oder Mitarbeiter im Rettungsdienst belegt.

Vorwürfe des Richters an manche Zeugen – Vertuschungsabsicht –

Oldenburger Klinikchef kein Aufklärer

Bührmann machte heute auch deutlich, dass die Arbeit des Gerichts durch Vertuschungsversuche, besonders im Klinikum Oldenburg, erschwert worden seien. Bereits der Polizei sei aufgefallen, dass die Oldenburger Zeugen ein „reduziertes Aussageverhalten“ aufwiesen. Neben einzelnen Mitarbeitern des Klinikums ging Bührmann auch explizit auf den  Klinikchef Dr. Dirk Tenzer ein, der sich zwar als vermeintlicher Aufklärer ausgegeben habe, was Bührmann bei der urteilsverkündung allerdings stark bezweifelte. So habe Tenzer zum Beispiel wichtige Unterlagen nicht von selbst an die Staatsanwaltschaft ausgehändigt.

Schwester Birgit S. , eine Heldin für den Richter

Daneben habe es aber auch andere Zeugen gegeben. Als positives Beispiel nannte Bührmann die Krankenschwester Birgit S. Krankenschwester aus Delmenhorst. Sie sei still und zurückhaltend gewesen und öfter gemobbt worden. „Was ist das für eine Heldin?“, fragt Bührmann: „Sie hat den Menschen gesehen. Sie hat zusammen mit den Patienten um ihr Leben gekämpft. Es war ihr wichtig, den Menschen nach dem Tod schön zu machen, damit sie ihre Würde behalten. Eine Würde, die Sie Herr Högel mit Füßen getreten haben.“
Gegen das Urteil kann für die Dauer einer Woche Revision eingelegt werden.
Beim Landgericht ist noch ein Verfahren gegen vier ehemalige Mitarbeiter des Klinikums Delmenhorst anhängig. Um dort auf Niels Högel als Zeugen zurückgreifen zu können, muss die Kammer die Rechtskraft des Urteils im aktuellen Fall abwarten. Sobald die vorhanden ist, wird das neue Verfahren angeschoben.
Bild oben: Torsten von Reeken
 
Medienunternehmer Carsten Borgmeier interviewt Opfer-Sprecher Christian Marbach direkt nach Prozessende:
https://www.facebook.com/Delmenews/videos/388178388454505/
 
 
 

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