Migranten treffen auf die deutsche Brotkultur – Bäckermeister Christian Peter Brück wertet aus

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Im Rahmen seiner Weiterbildung zum Brot-Sommelier befasst sich Christian Peter Brück damit, wie im Zuge der Flüchtlingswelle neu eingewanderte Mitbürger auf die deutsche Brotkultur reagieren. Unter der Aufgabenstellung, neues Wissen über Brot zu schaffen, hat er dieses Thema für seine Projektarbeit ausgewählt. Befragungen und Verkostungen sollen Erkenntnisse liefern.

„Vor allem in den neuen Bundesländern ist derzeit die Angst besonders groß, dass die deutsche Kultur durch Migranten zerstört werden könnte“, berichtet Bäckermeister Christian Peter Brück von der Bäckerei Becker. Er stellt sich die Frage, ob diese Angst wirklich begründet ist, da es mehr um christliche Werte als rein deutsche Errungenschaften gehe. Aufgrund dieser Aktualität habe sich Brück für sein Thema entschieden und wolle die deutsche Kultur mit der Brotkultur verbinden.

Brot als deutsches Kulturgut

Seit 2014 gehört die deutsche Brotkultur selbst zum immateriellen Kulturgut Deutschlands „Im Ausland werden wir Deutschen ein wenig dafür belächelt, dass wir unser Brot schneiden, es anschließend mit Butter bestreichen und erst danach Wurst darauf legen“, teilt der Bäckermeister mit. Dort wird das Brot laut ihm einfach abgerissen, zum Teil als Besteckersatz verwendet sowie in Cremes, Pasten oder Suppen eingetunkt.
Sowohl was den Verzehr von Brot betrifft als auch gemessen an der Vielfalt gebe es große Unterschiede zu Deutschland. Mehr als 3.200 Brotsorten sind beim deutschen Brotinstitut registriert. Begünstigt werde dies Brück zufolge durch die sehr vorteilhafte Lage Deutschlands als Anbaugebiet für zahlreiche Getreidearten. Dazu ergänzt er: „Einige Getreidesorten, wie zum Beispiel Roggen, können in trockeneren und wärmeren Regionen auf der Welt nicht angepflanzt werden.“

Verkostung im Flüchtlingsheim

Am Mittwoch, 14. November, fand die erste Veranstaltung in einem Delmenhorster Flüchtlingsheim statt. Rund 30 Personen im Alter von 9 Jahren bis Ende 40, die zumeist arabischer Herkunft waren, nahmen daran teil. Zuerst mussten sie einen Fragebogen zum Themen Brot und Kultur beantworten. „Das Ausfüllen des Fragebogens gestaltete sich schwierig, da die Kenntnisse der deutschen Sprache unter den Teilnehmern zu gering waren“, gibt Brück an.
Nach einem anschließenden kurzen Vortrag zum Thema Brotkultur hätten alle Teilnehmer zehn deutsche Brotsorten gekostet, wie er darlegt. Dabei hätten sie mit hellen Weißbroten begonnen und sich über dunklere Sorten zum Schwarzbrot vorgetastet. Allesamt hätten nie zuvor so bewusst deutsches Brot gegessen, sondern hauptsächlich Weißbrot verspeist, weshalb kaum bis gar keine Berührungspunkte bestünden, was für Brück besonders interessant gewesen sei.
„Aus den Reaktionen beim Probieren konnte man ganz viel erkennen. Aus den Gesichtern war der Gedanke zu lesen, ob es sich dabei noch um Brot handelt, weil die dunkleren Sorten nicht ihrem Bild von Brot entsprachen“, erklärt Brück. Insbesondere den älteren Teilnehmern, die ihr ganzes Leben bloß Weißbrot kannten, sei dies anzumerken gewesen. Brück vergleicht das mit grünen Ketchup, auf den trotz desselben Geschmacks wegen der ungewohnten Farbe anders reagiert wurde.

Montag in der VHS zu Gast

Nächste Woche Montag, 26. November, steht ein weiteres Treffen mit erneut etwa 30 Migranten in der Volkshochschule (VHS) Delmenhorst bevor. Davon verspricht sich der Bäckermeister im Hinblick auf die Fragebögen weitergehende Erkenntnisse, weil es sich um Teilnehmer von Sprachkursen handeln soll.
Die Frage, ob Flüchtlinge die deutsche Brotkultur nach den Kostproben positiv annehmen, ist für ihn sekundär. „Vielmehr geht erst einmal für mich darum, die Reaktionen und Emotionen bei den Verkostungen mitzuerleben, aufzuschreiben und abschließend auszuwerten“, erläutert Brück, was für ihn Vorrang hat.

Ergebnisse liegen Ende März vor

Daneben hinterfragt er, ob die Bäcker hierzulande die Verantwortung übernehmen müssten, auch Migranten mit Brot nach deren Geschmäckern zu bedienen. Auf die sich daran anschließende Frage nach neuen Brotsorten, die durch diese Einflüsse entstehen könnten, erwidert Brück, dass sich tatsächlich schon etwas in dem Bereich abzeichne, ohne es belegen zu können.
„Man erkennt schon eine gewisse Tendenz, die auch für mich überraschend ist“, verrät Brück zu den bisherigen Erkenntnissen. Näher kann er nicht auf etwaige Ergebnisse eingehen, weil er sich noch ganz am Anfang der Projektarbeit befindet, die Ende März von den Prüfern der Handwerkskammer begutachtet wird. Erst danach können sie veröffentliche werden.

Apropos Brot-Sommelier

Wenn alles planmäßig verläuft, wird Brück dann den einjährigen Kurs zum Brot-Sommelier, einem Titel der über dem Meistertitel angesiedelt ist, der als Teilnahmebedingung für den Kurs dient, erfolgreich abschließen. Damit wäre er der erste Brot-Sommelier zwischen Bremen und Oldenburg. Aktuell gibt es 57 Brot-Sommeliers in Deutschland, Österreich und Südtirol. Die nächstgelegen finden sich in Emden und Stade.
Mit 17 Mitstreitern, darunter einem aus der Schweiz, absolviert er den insgesamt fünften Kurs seit der Einführung im Jahr 2015. Ein Sommelier ist darauf ausgerichtet, Dinge über das Brot, die ein Bäcker erfolglos mit Fachchinesisch Kunden zu vermitteln versucht, verständlich zu erklären. „In der Ausbildung geht es vor allem darum, dass, was man wahrnimmt, beschreiben zu können“, sagt Brück.
Bild: Bäckermeister Christian Peter Brück empfiehlt ein handgemachtes Roggenmischbrot aus seiner Backstube.

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