Meckern oder Anpacken: Wollepark Delmenhorst – weshalb geht das nicht schneller?

Der Wohnkomplex am Rande des Wolleparks in Delmenhorst ist seit Jahren ein Reizthema. Obschon das Quartier in zentraler Lage integrativen Charakter im Stil der Wohnblocks der 70er-Jahre beweisen sollte, wurde hier vielmehr eine innenstadtnahe Subkultur geschaffen. Wenige Meter entfernt befindet sich der Bahnhof, ebenso nahe liegt das Wolle-Center mit Gastronomie und Einzelhandel und Möglichkeiten für Freizeitaktivitäten. Die Abriss- und Erneuerungsmühlen mahlen offensichtlich langsam. Zu langsam?

Die Wohnsiedlung entstand in den 70er-Jahren und war in den Anfangszeiten ein äußerst begehrter Wohnort. Allerdings verschlechterte sich aufgrund mangelnder Investitionen schnell der Zustand der Gebäudestruktur. Gleichzeitig litt der Ruf des Stadtteils massiv. Der Wollepark, einst als soziales Wohnprojekt in Industriekulisse konzipiert, wurde zum sozialen Brennpunkt, in dem etliche Arbeitslose und finanzschwache Menschen lebten. Damals waren dort rund 350 Personen – darunter rund 80 Kinder – gemeldet.

Bereits 1999  kamen erste Gedanken über einen Teilabriss der Wohnanlage auf. Unmittelbar nach der Millenniumswende einigten sich die Verantwortlichen auf die „Formliche Festlegung des Sanierungsgebiets Wollepark“. Gut 17 Jahre später wurde mit den Blöcken „Am Wollepark 1 bis 5“ der erste Komplex des Sanierungsgebietes abgerissen, 2019 der verwahrloste Betonklotz an der Westfalenstraße im nördlichen Bereich des Wolleparks.  Im September 2020 – vor fast fünf Jahren – begann der Abriss der maroden Gebäude „Am Wollepark 13 und 14“.

Zwischen kann und könnte

Schon der damalige Oberbürgermeistern Axel Jahnz äußerte sich zur Thematik mit den Worten „Ein Schandfleck verschwindet. Hier kann eine gute Zukunft aufgebaut werden.“ Bislang darf man sich vermutlich auf die Formulierung „könnte entstehen“ einigen. Denn nach wie vor existiert eine starke Diskrepanz zwischen Wunschzustand und Realität. Die weiterhin im Raum stehende Frage: Weshalb dauert das so unverhältnismäßig lange?

Im Grunde genommen geht es vordringlich um zwei Aspekte. Der erste davon: Gebäude, die der Stadt nicht gehören, können von dieser auch nicht abgerissen werden. Zudem ging und geht es wie immer ums Geld. Das Budget der Stadt Delmenhorst ist knapp bemessen. Die Zuschüsse von Land und Bund reichen nicht für eine konsequente Umsetzung. Vor diesem Hintergrund werden die Pläne nur schrittweise vorangetrieben. Aber auch hier geht es wie so oft um Bewussseinsmachung. Der umherliegende Müll lenkt die Blicke der Passanten wie ein Brennglas auf eine Vergangenheit, die man doch eigentlich hinter sich lassen wollte. Und das eben nicht erst seit gestern, stattdessen seit rund 25 Jahren.

Positiv saubere Signale müssen her

Brachliegende Müllhalden werden das Vertrauen der Delmenhorster in die konsequente Umsetzung des Projekts kaum steigern. Für jeden Handwerker ist es eine Maxime, den Arbeitsplatz auch in Teilabschnitten am Ende des Tages aufzuräumen. Der visuelle Eindruck ist dann schlichtweg ein anderer. Obschon die Müllhalden erstens deutlich weniger als noch in den 80er Jahren geworden und zweitens wenigstens teilweise eingezäunt sind, könnte ein „sauberer Arbeitsplatz“ auch in diesem Fall ein positives Signal der Aufbruchstimmung senden. Bilder wie diese machen die öffentliche Wahrnehmung allerdings nicht entspannter:

 

Getarnt als Sperrmüll, in Wahrheit aber illegale Müllentsorgung an der Straße

Wahrnehmung leider reduziert auf den Wohnkomplex

Insgesamt ist der Wollpark ein Gebiet mit vielfältigen sozialen Angeboten und bietet den Delmenhorstern eine Reihe von Veranstaltungen wie etwa Tanzevents, Entspannungskurse im Nachbarschaftszentrum, das traditionelle Lichterfest im Außenbereich und vieles mehr. Leider aber ist der Zustand insbesondere im bahnhofsnahen Bereich derart eklatant, dass die Gesamtanlage Wollepark im Sprachgebrauch der Bürgerinnen und Bürger – auch über die Stadtgrenzen hinaus – weiterhin auf das Wohnquartier reduziert wird, was seinem gesamten Angebot nicht annähernd gerecht wird.

 

Hübsche Aussicht in zentraler Lage in Delmenhorst

Umgehend in den nächsten Gang schalten

Mittlerweile scheitern die Maßnahmen nicht mehr an einer Einigung der Partien im Stadtrat oder der Stadtverwaltung selbst. Allesamt sind sich der Problematik bewusst. Doch die Delmenhorster fragen sich weiterhin, weshalb da nicht endlich Tempo aufgenommen wird. Wird der Komplex möglicherweise doch noch unter Denkmalschutz gestellt? Der Attraktivität von Delmenhorst käme es durchaus entgegen, wenn hier stattdessen umgehend in den nächsten Gang geschaltet würde. Wer sich abends in diesem Bereich bewegt, bekommt ein mulmiges Gefühl. Angst ist kein guter Ratgeber.

 

Ein Ghetto oder müsste nur einfach alles viel schneller gehen?

 

((Beitragsbild oben: Das Gebäude wartet auf den Abriss.))

 

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