Lebensmittelkontrolle in Delmenhorst ineffizient oder Gastro & Co. außergewöhnlich gut?

Im Städtevergleich zwischen Bremen und Delmenhorst scheint die Gastronomie in der niedersächsischen Stadt ein absolutes Goldstück zu sein. Zumindest sprechen die von der zuständigen Lebensmittelüberwachung veröffentlichten bzw. nicht veröffentlichten Fälle von gravierenden Verstößen der Lebensmittelhygiene eine plakative Sprache. Indes im vergangenen Jahr in Bremen mehr als dreißig Gastro-Betriebe auffällig und entsprechend veröffentlicht wurden, sind es in Delmenhorst exakt null: „0“. Wie kann das sein?

Der Lebensmittelüberwachungs-, Tierschutz- und Veterinärdienst (LMTVet) ist dazu verpflichtet, unverzüglich Verstöße gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften unter Nennung der Bezeichnung des Lebensmittels oder Futtermittels sowie unter Nennung des Lebensmittel- oder Futtermittelunternehmens, unter dessen Namen oder Firma das Lebensmittel oder Futtermittel hergestellt oder behandelt oder in den Verkehr gelangt ist, zu veröffentlichen, wenn die Voraussetzungen gem. § 40 1a des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB) erfüllt sind. Hierzu werden die entsprechenden Informationen anhand der nachfolgenden Dokumente für jeweils 6 Monate veröffentlicht.

Veröffentlichung von Verstößen gegen das Lebenmittelgesetz in Delmenhorst: „0“

 

Bei Gastronomen und weiteren relevanten Betrieben ist es eine Selbstverständlichkeit, dass die Prüfer des Amtes ihnen in der Regel zwei- bis dreimal jährlich einen unangekündigten Besuch abstatten,  um die Gegebenheiten vor Ort zu inspizieren. Die Prüfer kommen je nach Größenordnung des Betriebes in der Regel zu zweit. Um Vorwürfe von Gefälligkeiten von vornherein auszuschließen, werden die Prüfenden regelmäßig ausgetauscht. Von langjährig erfahrenen Bremer Gastronomen ist zu hören, die selbstverständlich auch ein immenses Interesse an einer „weißen und hygienischen Weste haben, dass die Prüfer verständlicherweise oftmals Kleinigkeiten monieren, die aber mit der entsprechenden Fristsetzung behoben werden.

In Delmenhorst keimt die Vermutung, die Stadt wolle sich selbst in ihrem Außenbild nicht schaden. Natürlich will das keiner namentlich und vor dem offenen Mikrofon erklären. Die Vermutungen – zuweilen auch Unterstellungen – nähren sich typischerweise an den unterschiedlichsten Gerüchten. Auf der positiven Kehrseite der Medaille steht, dass man gerne glauben möchte, es gäbe hier ausschließlich weiße Schafe frei von grauen Schattierungen. Und wenn sich das bewahrheitet, hat Delmenhorst den kulinarischen Zenit erklommen, der in manch anderen Städten noch irgendwo hinter dem lukullischen Horizont liegt.

Dabei sind die Kontrolleure ebenso penibel wie unkalkulierbar. Immer wieder – so einer der Bremer Restaurantbetreiber (Name der Redaktion bekannt), komme es vor, dass die Lebensmittelkontrolleure „(…) bereits wieder auftauchen, bevor die Frist abgelaufen ist.“ Auch das verbucht man noch unter „sinnvoller Kooperation“. Selbst die wirklich Bemühten könnten im Alltagsgeschäft nicht jedes Detail wahrnehmen und seien somit auch dankbar für Hinweise. Letztlich dienen solche Überprüfungen sogar der Langlebigkeit des kostspieligen Kücheninvantars. Bei manchen wundere er sich durchaus, dass sie von den Prüfern unbehelligt davonkommen. Im Spaß fällt das Wort von „einem netten Mittagessen und einer guten Flasche Wein“, was er aber selbst nicht gesagt haben will.

Sollten größere Hygienemängel festgestellt worden sein, wird der Betrieb temporär geschlossen, erhält die Gelegenheit der Nachbesserung und kann dann wieder eröffnen und in den gewohnten Betrieb übergehen. Fraglich bleibt für die Allgemeinheit, ob und inwieweit sich bei gastronomischen Betreibern, in deren Restaurants und Küchen teils drastische Mängel wie Mäusekot, Rattenkot, Schimmel an neuralgischen Stellen im Bereich der Speisenzubereitung oder mangelhafte Kühlung verderblicher Lebensmittel festgestellt wurden, nach nur wenigen Tagen ihre Grundeinstellung verändert haben können. Die Wiedereröffnung darf innerhalb weniger Tage erfolgen, die Veröffentlichung wird nach einem halben Jahr aus dem Register wieder gelöscht.

Auszug aus der Veröffentlichung der Bremer Lebensmittelkontrolle

Jeder Verbraucher erwartet einwandfreie und sichere Lebensmittel. Dafür sind zuerst einmal alle verantwortlich, die Unternehmer in der Lebensmittelkette sind.
Die Behörden der Lebensmittelüberwachung prüfen durch risikobasierte, systematische Kontrollen und Probenentnahmen, ob die Lebensmittelunternehmer die Anforderungen des Lebensmittelrechts umgesetzt haben und einhalten und setzen diese ggf. durch. Werden Mängel festgestellt, ist es Aufgabe der amtlichen Lebensmittelüberwachung, sicherzustellen, dass diese sofort behoben werden und die Ahndung von Verstößen gegen bestehende Rechtsvorschriften erfolgt. Zweifellos gibt es in Delmenhorst schlichtweg faszinierend gute Gastronomen, bei denen jede Gericht den Gaumen verwöhnt. Die schreiten mit hygienisch optimalen und gastfreundlichem Beispiel voran. Doch möglicherweise ärgern auch und gerade die sich darüber, dass es hier nur nicht meldepflichtiges Weiß gibt? Es bleiben Fragen.

 

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