Längere Finanzierung für Integrationshilfen gewünscht – Wohlfahrtsverbände stellen Teil-Integrationskonzept vor

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Viele Delmenhorster haben einen Migrationshintergrund. Damit sie in der Stadt und deren Gesellschaft Fuß fassen können, bieten auch die Wohlfahrtsverbände verschiedene Hilfen an. Was sie sich wünschen, haben die Verbände heute (21. August) in ihrem Teil-Integrationskonzept vorgestellt. Die wohl größte Änderung wünschen sie sich beim Geld.
 
Saskia Kamp, Leiterin des kreisdiakonischen Werkes in Delmenhorst, machte klar, dass das Integrationskonzept der Verbände Teil des neuen Konzeptes der Stadt werden soll. Gespräche darüber würden demnächst beginnen. Neben den Verbänden würden auch Kirchen, Sportvereine und weitere Organisationen dabei mitmachen. Zur Mitwirkung der Stadtverwaltung in Integrationsfragen sagt sie: „Da sieht man auch die gute Zusammenarbeit.“
 

Viele Projekte nur für ein Jahr finanziert

Trotzdem wünscht sich Kamp Nachbesserungen, um die vielen Projekte der Verbände zur Integration zu stärken. Dabei gehen ihre Wünsche Richtung Land und auch ein wenig Richtung Bund. „Wir brauchen das, was wir haben“, betont sie. Mehr Geld müsse es nicht unbedingt sein. Aber mehr Zeit. Denn viele Projekte würden nur für ein Jahr vom Land finanziert. Wenn die neuen Mitbürger dann im Projekt drin seien, gebe es oft keine Fortführung.
 
Fachkräfte würden deswegen angesichts der guten Wirtschaftslage auch oft in andere Firmen wechseln, um für mehr als ein Jahr eine Perspektive zu haben. Da konkurrieren Diakonie und Co. laut Kamp mit der freien Wirtschaft um die sehr gefragten Fachkräfte. Besser liefen da Förderungen vom Bund, die oft eine längere Laufzeit hätten. Das sei gut für die Nachhaltigkeit der Maßnahmen.
 

Trotz weniger Einwanderern weiterhin viel Beratungsbedarf

Letztes Jahr sei eine geplante Kürzung der Fördermittel gerade noch abgewendet worden, so Kamp weiter. „Jetzt gibt es wieder dieselbe Situation“, findet sie. Zwar sei die Zahl der Einwanderer zurückgegangen. Doch jeder ihrer Berater habe weiterhin 500 bis 800 Beratungsgespräche mit Kunden im Jahr. Der Bedarf bestehe also weiterhin. Und sei groß. Doris Fuhrmann von der AWO Delmenhorst nennt ein paar Beispiele: „Wie finde ich eine Wohnung? Wie funktioniert ein Kindergarten?“
 
Besonders EU-Bürger seien Kunden, da sie noch nicht so gut beratend vernetzt seien wie Flüchtlinge, ergänzt Kamp. Und viel Unklarheit herrsche. Zum Beispiel über die Frage, ob ausländische Arbeitnehmer hier Kindergeld erhalten, wenn ihr Nachwuchs in ihrem Heimatland bleibe. Zudem blieben viele davon ihrer alten Heimat verbunden, würden also nicht so sehr danach streben, hier Wurzeln zu schlagen.
 

EU-Bürger tappen oft in Schuldenfalle

Noch ernster ist die Aufgabe von Thomas Heyen, Geschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes an der Delme. Er und seine Mitarbeiter beraten Schuldner. Besonders viele EU-Bürger könnten leicht in die Schuldenfalle tappen, wenn sie nach ein paar Monaten in Deutschland ihren Job verlieren. Denn sie erhielten kein Arbeitslosengeld. Bei vielen führe das dazu, dass sie in dem halben Jahr, wo sie weiter in Deutschland bleiben und eine neue Arbeit suchen dürfen, ihre Rechnungen nicht bezahlen könnten. Dann drohe Obdachlosigkeit.
 
Mangelnde Sprachkenntnisse, das komplizierte deutsche Schuldnerrecht und die häufige Dringlichkeit von Maßnahmen machten Beratungen nicht einfacher, betont Heyen. Die würden daher im Schnitt inzwischen auch zwei bis drei Stunden dauern. Daher, so Kamp, sei es wichtig, die Angebote der Verbände in den Gemeinschaften der Ausländer bekannt zu machen. Und vernetzte Mitarbeiter zu haben, die Neubürger auch erreichen.
 

Ausländeranteil bei etwa 25 Prozent

Etwa ein Viertel der Delmenhorster seien Ausländer oder Kinder davon, betont Kamp. Würden spätere Generationen auch dazugezählt, sei der Anteil von Bürgern mit Migrationshintergrund noch größer. Damit das – angesichts des hohen Ausländeranteils – doch gute Zusammenleben der verschiedenen Kulturen weiterhin funktioniere, seien Angebote der Verbände zur Integration daher sehr wichtig.
 
Gut 8.000 Ausländer kamen zwischen 2011 und 2018 nach Delmenhorst, davon etwa die Hälfte aus der EU und die anderen aus Flüchtlingsländern wie Syrien, Irak oder Afghanistan. Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (AGFW) nennen die Verbände ihren Zusammenschluss. Die Diakonie, der Paritätische Wohlfahrtsverband, die AWO und das Deutsche Rote Kreuz (DRK) gehören unter anderem dazu.
 
Foto (v.l.): Ein eigenes Teil-Konzept für die Integrationsarbeit in der Stadt haben Thomas Heyen (Geschäftsführer Paritätischer Wohlfahrtsverband Delmenhorst), Doris Fuhrmann (Geschäftsführerin AWO Delmenhorst), Saskia Kamp (Leiterin Diakonie Delmenhorst) und Michael Pleus (Geschäftsführer Deutsches Rotes Kreuz Delmenhorst) zusammen mit anderen Verbänden der Stadt erstellt.
 

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