Josef-Hospital geht in Insolvenz – Zuschüsse von 25 Millionen Euro erwartet – Weiterer Stellenabbau geplant

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Gestern beriet der Verwaltungsausschuss mal wieder über das Josef-Hospital Delmenhorst (JHD). Inzwischen liegt ein Sanierungskonzept vor. Die erwarteten Kosten liegen bei 25 Millionen Euro – weit über bisherigen Schätzungen. Für Oberbürgermeister Axel Jahnz (SPD) sind die Maßnahmen zwar schmerzhaft, aber alternativlos, wie er am heutigen Freitag, 24. November, betonte. Unterdessen drohen den Angestellten mehr Stellenstreichungen, als bisher geplant.
 
„Das ist die entscheidende Phase für das Krankenhaus“, sagte Jahnz. Kommende Woche müsse der Stadtrat in einer Sondersitzung Am Dienstag entscheiden: „Wo wird der Weg des Krankenhauses hingehen?“ Es gäbe keine Zeit für Verschiebungen, nur ein klares ja oder nein zum Sanierungsplan. Das sei die letzte Chance, um das Krankenhaus zu retten.
 

Künftig nur noch eine Krankenhausgesellschaft

Welche Maßnahmen das Sanierungskonzept vorsieht, erläuterte Rechtsanwalt und Insolvenz-Berater Mark Boddenberg von der Kanzlei Ringstmeier & Kollegen. Dieses Konzept sei ein „vollständiger Strategiewechsel“ beim JHD. „Das Haus ist sanierungsfähig“, hob Boddenberg gleich zu Beginn seines Vortrags hervor. Die Stadt könne entscheiden: übernimmt sie das Krankenhaus vollständig, oder lässt sie es auf dem freien Markt verkaufen. Es gäbe Interessenten dafür. Das Konzept, an dem er mitgearbeitet hat, ließe sich auch von einem privaten Träger umsetzen – die Stadt müsste dann aber für bisherige Kosten aufkommen.
 
Künftig sollen die beiden Untergesellschaften des JHD, vor allem Deichhorst und Mitte, in einer einzigen Gesellschaft unterkommen. Die bisherige Doppelstruktur ist für Boddenberg unglücklich: „Sowas habe ich noch nicht gesehen. Und ich habe schon viel gesehen.“ Dopplungen sollen künftig vermieden werden. Die medizinische Aufgabe soll erhalten bleiben, nur die Strukturen angepasst werden.
 
Ohne eine Umstrukturierung sei eine sanierungsfähige Struktur nicht gegeben. Es sollen 112 Vollzeitstellen abgebaut werden, in denen etwa 160 Mitarbeiter tätig sind. Diese können auf allen Ebenen des Krankenhauses liegen. Die Mitarbeiter wurden heute um 14 Uhr in einer Versammlung darüber informiert. Kündigungen vor Weihnachten kann Boddenberg nicht ausschließen – auch wenn ihn das selbst stört.
 

Schutzschirmverfahren durch normales Insolvenzverfahren ersetzt

Bereits zum 1. Dezember soll das Personal zur neuen Krankenhausgesellschaft wechseln. Das bisherige Schutzschirmverfahren erlaubt laut Boddenberg keinen Umbau, wie der Sanierungsplan ihn vorsieht. Daher beginnt am 15. Dezember ein normales Insolvenzverfahren. Ein Insolvenzverwalter übernimmt erstmal die Leitung der Gesellschaft.
 
Der erst im August eingestellte Geschäftsführer Ralf Delker ist damit schon wieder weg. Boddenberg erklärte dies damit, dass Delker und die Firma Economedic, die bei der Krankenhaus-Sanierung helfen sollte, nicht solche Extremfälle wie das JHD betreuen könnten. Beide hätten getan, was sie konnten.
 
Dies gelte auch für die Stiftung St. Josef-Stift, die über Jahre so viel investiert habe, wie sie konnte, um das Haus zu retten. Ebenso wie die Stadt Delmenhorst. Ein neuer, regulärer Geschäftsführer soll am 1. März eingestellt werden.
 

Zweistellige Millionenkosten innerhalb von drei Jahren

Für Jahnz ist die Übernahme des Krankenhauses durch die Stadt die bessere Alternative. Zwar muss die Stadt 25 Millionen Euro für die Sanierung zahlen: 5 Millionen aus bisherigen Rückstellungen, 20 in den kommenden drei bis dreieinhalb Jahren. Einen Teil der bisherigen Mittel hatte der Stadtrat am 2. November bewilligt. Aber wenn die Stadt sich gegen eine Übernahme und für einen Verkauf des JHD entscheide, müsse sie die Summe trotzdem aufbringen. „An den Millionen kommen wir nicht vorbei“, stellte Jahnz klar.
 
Bei einem Verkauf hätte die Stadt am Ende jedoch nichts als Schulden aus dem Verfahren, ohne künftig beim JHD mitreden zu können. Einer erneuten Frage des Standortes des geplanten Neubaus erteilte er eine Absage: Der Förderbescheid vom Land über 70 Millionen Euro sei an den Standort Mitte gebunden. Einen höheren Förderbescheid habe Delmenhorst nie zuvor erhalten. Ob ein neuer Eigentümer ebenfalls auf diese Mittel zugreifen könnte, ist unklar. Über die Übernahme des Baugrundstücks durch die Stadt verhandelt diese mit der Stiftung St. Josef-Stift, der dieses gehört.
 

 

Ehemalige Geschäftsführer mit falschen Entscheidungen

Das Krankenhaus hat nach Boddenberg dieses Jahr ein Defizit von 12,3 Millionen Euro. Ein Grund sei die mangelnde Bettenauslastung. Gerade mal 55 Prozent der Delmenhorster würde bei Gesundheitsproblemen ihr Krankenhaus aufsuchen, der Rest lieber Häuser im Umland. Die normale Quote liege bei 80 oder mehr Prozent. Daher müsse Vertrauen zurückgewonnen werden. Dies dürfte nach Boddenbergs Einschätzung aber drei bis vier Jahre dauern.
 
Ebenfalls eine Rolle spielte nach Boddenberg schlechte Führung durch frühere Geschäftsführer. Namen nannte er nicht, ließ Delker aber außen vor. Boddenberg ging aber nicht von absichtlichen Taten aus. „Die Zahlen waren bis zuletzt falsch“, sagte er jedoch bezüglich vorgelegter Unterlagen. Auch Jahnz betonte: Weder dem Aufsichtsrat noch den Gesellschaftern hätten jahrelang die korrekten Zahlen vorgelegen.
 
Trotz der schwierigen Lage zeigte er sich vorsichtig optimistisch. Die Wahrheit sei jetzt auf den Tisch. „Wir können einen sauberen Schnitt machen“, fand er. Das sei besser, als das bisherige, scheibchenweise Bekanntwerden von Problemen im Krankenhaus.
 
Foto oben: Insolvenzberater Mark Boddenberg erläuterte die Zusammenlegung der bisherigen Krankenhausgesellschaften (oben auf Flipchart) in eine einzige Gesellschaft (unten).
 
Foto Mitte: Trotz Schieflage sieht Oberbürgermeister Axel Jahnz (SPD) eine reelle Chance, das Krankenhaus zu retten.
 

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