Geschichte einer Flucht: Nicht ohne unsere Katzen!

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„Wir hatten nur ein Ziel: Delmenhorst.“ Nataliia Volynets und ihrem Mann Ihor Nikandrov steht die Angst nach ihrer gefährlichen Flucht mit dem eigenen Auto von der Ukraine nach Deutschland noch ins Gesicht geschrieben. Sie erzählen, wie sie nach fast 2000 Kilometer Autofahrt endlich ankamen – erschöpft und heimatlos, alles Hab und Gut zurücklassend, aber unversehrt und unendlich erleichtert.

Ihre ukrainische Heimatstadt heißt Tchernikov und liegt 150 km nordöstlich von Kiew. Sie ist nach Kiew die zweitälteste Stadt in der Ukraine und wurde 905 erstmals erwähnt. Tchernikov hatte vor dem Krieg 285.000 Einwohner, jetzt schätzt man, dass durch Vernichtung und Flucht dort nur noch die Hälfte der Bevölkerung lebt. Schon in den ersten Kriegstagen hat es in der Stadt heftige Luftangriffe gegeben, bei denen viele Menschen ums Leben gekommen sind. „Es ist dort alles zerstört, viele Freunde und Bekannte sind gestorben, es ist nichts mehr wie es war“, erzählt Nataliia mit Tränen in den Augen, „und es war klar, dass wir um unser Leben fliehen mussten!“

Nicht ohne unsere Katzen!

Umso glücklicher sind sie und ihr Mann Ihor, dass ihre 23-jährige Tochter Taisiia schon vor den russischen Angriffen aus der Stadt geflüchtet ist. Die Tochter hat in Kiew im 1. Studienjahr Gesang studiert. Angesichts der anrückenden Gefahr haben sie und ihre Eltern gleich nach Kriegsbeginn entschieden, dass sie ihr Studium abbricht und aus dem Land flüchtet. Und zwar nach Delmenhorst, wo sie bereits am 1. März angekommen ist. Das ist kein Zufall, denn vor mehr als 20 Jahren ist die damalige Kindheitsfreundin von Mutter Nataliia von der Ukraine nach Deutschland ausgewandert. Sie lebt mit ihrer Familie in Delmenhorst und konnte nun Taisiia herzlich in Empfang nehmen. „Es ist solch ein Glück, dass wir es nun auch nach Delmenhorst geschafft haben und unsere Tochter wieder in die Arme schließen konnten“, lacht Mutter Nataliia und meint mit „alle“ ganz selbstverständlich auch ihre beiden Katzen, die drei Jahre alte Marysya und die zehn Jahre alte Lösia, die auf der Flucht im Auto mit dabei waren. Sie sagt: „Natürlich haben wir sie mitgenommen, wir hätten sie niemals dort lassen können. Niemals!“ Die beiden Samtpfoten haben die gefährliche Reise gut überstanden und sind bei dem ersten Stopp in Polen bereits gechipt und gegen Tollwut geimpft worden.

In Delmenhorst aber, als Vater Ihor und Mutter Nataliia die erste Zeit in der Sammelunterkunft waren, mussten die Samtpfoten zwei Wochen im Auto leben, weil sie nicht mit in die Unterkunft durften. „Das war eine schwere Zeit für die beiden und auch für uns, weil wir sie bei einem Zwischenstopp in einer Sammelunterkunft in Hannover ganz selbstverständlich bei uns behalten durften“, bedauert Vater Ihor. Weil die Fellnasen wenig Platz im Auto hatten, es dort tagsüber manchmal sehr warm wurde und noch keine Wohnung für die Familie in Aussichtstand, hat eine andere ukrainische Familie, deren Kater bereits zuvor Unterschlupf auf dem Tierschutzhof Delmenhorst gefunden hatte, den Kontakt zu den hiesigen Tierschützern hergestellt. Auf dem Tierschutzhof war ein Zimmer für die beiden Katzendamen frei und Marysya und Lösia sind die ersten Tage voller Freude und Übermut kreuz und quer durch den Raum, über Kratzbäume und Etagenplätze getobt. Vater Ihor, Mutter Nataliia und Tochter Taisiia haben sie jeden Tag besucht und mit unzähligen Streicheleinheiten verwöhnt. Seit ein paar Tagen hat die Familie eine feste Bleibe, in die nun auch die Katzen eingezogen sind. Vater. Mutter und Tochter sind überglücklich, möchten jetzt so schnell wie möglich Arbeit finden und lernen begeistert Deutsch.

Ein Herz füt Delmenhorst

Mutter Nataliia hat in ihrer Heimat als Schulpsychologin mit Kindern im Alter von 7 bis 10 Jahren gearbeitet und hofft, auch hier ihre Erfahrung und ihr Wissen für Kinder einbringen zu können. Grundsätzlich kann sich die Familie vorstellen, in Deutschland zu bleiben, aber das wird die Zukunft zeigen. Einen ganz besonderen Wunsch hat die Familie aber doch noch. Sie möchte allen Menschen danken, die ihnen geholfen haben und in Delmenhorst weiterhin an ihrer Seite sind. „Einen großen Dank an alle. Wir danken euch von Herzen“, spricht die Übersetzerin aus, was die Familie momentan noch auf Ukrainisch sagen muss. Vater, Mutter und Tochter formen ein großes Herz mit ihren Händen und halten es strahlend in die Höhe.

Bild: Mutter Nataliia, Vater Ihor und Tochter Taisiia holen glücklich ihre beiden Katzen vom Tierschutzhof Delmenhorst in ihr neues Zuhause Bildquelle: Nadine Scheuer, TSV Delmenhorst

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