Geheime Abstimmung sorgt für Unmut im Stadtrat – Integrationszentrum abgelehnt – Oestermann entsetzt

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Es ist ein Mittel der demokratischen Entscheidungsfindung: Die geheime Abstimmung über einen Antrag. Dann geben die Politiker ihre Stimme ohne Namensnennung in eine Urne. Es bleibt unklar, wer wie gestimmt hat. Doch am heutigen Mittwoch, 22. November, sorgte eine solche Abstimmung davon für einen Eklat im Stadtrat.
 
Zur langen Liste an Themen, die der Stadtrat auf seiner Tagesordnung hatte, zählte auch ein Antrag über das Integrationszentrum, dass die AWO in der ehemaligen Fröbelschule einrichten will. Pläne dafür waren bereits ausgearbeitet. Gelder aus dem Integrationsfonds des Landes galten als sehr sicher, der Eigenanteil der Stadt sollte nur 47.500 Euro (zehn Prozent der Baukosten) betragen.
 
Überraschend beantragte Murat Kalmis (FDP) eine geheime Abstimmung darüber. Eine Begründung gab er nicht. Dagegen sprach sich Bettina Oestermann (SPD) aus: „Geheime Abstimmungen können wir nicht gebrauchen.“ Die Ratsmehrheit entschied sich aber dafür – um anschließend mit 19 zu 17 Stimmen überraschend gegen das Vorhaben zu stimmen.
 

Oestermann: „Ich schäme mich sehr“

Das unerwartete Ergebnis löste eine heftige Reaktion zahlreicher Ratsmitglieder aus. „Ich schäme mich sehr“, sagte etwa Oestermann. Besonders ärgerte sie, dass kurz zuvor noch ein Antrag zum Anbau an das Stadion in Düsternort mit Mitteln aus dem Integrationsfonds von Niedersachsen beschlossen worden war – ohne große Diskussion über den Sinn von Integrationsmaßnahmen. „Die geheime Abstimmung ist eine Wand, hinter der man sich versteckt. Keiner von uns muss auch nur fünf Euro aus seiner Tasche dazutun.“
 
Auch Edith Belz (Linke) schloss sich der Kritik an: „Ich bin echt fassungslos.“ Die Ablehnung in einer geheimen Abstimmung nannte sie feige. „Ich bin im Rat mit einem Programm, zu dem ich stehe“, meinte Harald Schneewind (Grüne). Es sei besser, offen sein Gesicht und somit seine Meinung kundzutun. Auch Peter Stemmler (Unabhängige Delmenhorster) appellierte an seine Kollegen, sich nicht hinter geheimen Wahlen zu verstecken. Gabi Baumgart (SPD) ärgerte sich ebenfalls: „Über 400.000 Euro sind einfach mal in den Wind geschossen. Haben wir es so dicke, dass wir sagen: Land, behaltet euer Geld?“
 
Kalmis verteidigte seinen Antrag: „Wir vertreten die Bürger draußen. Was sind sie für ein Demokrat?“, fragte er Oestermann. Eva Sassen (Bürgerforum) wiederum meinte, sie bevorzuge eine Integration nicht von oben herab, sondern in bestehenden Gruppen und „Zusammenhängen“.
 

Jahnz: „Sieht aus wie politische Abrechnung“

Bürgermeisterin Antje Beilemann (SPD) bedauerte den Umgang mit den beteiligten Verbänden, die Zeit und Mühe in das Projekt gesteckt hatten. „Ich finde das eine Ungeheuerlichkeit, so mit den Verbänden umzugehen“, meinte sie entschuldigend.
 
Dann ergriff Oberbürgermeister Axel Jahnz (ebenfalls SPD) das Wort. Eine geheime Abstimmung sei okay, damit habe er kein Problem. Ihn störe vielmehr, dass keine Argumente für die geheime Abstimmung vorgebracht worden seien. „Das sieht aus wie eine politische Abrechnung“, fand er.
 
Ob der Antrag nun überarbeitet oder ganz fallen gelassen wird, ist zurzeit noch unklar.
 
Foto: Bettina Oestermann (SPD) zeigte sich fassungslos, dass der Stadtrat gegen ein Integrationszentrum in der ehemaligen Fröbelschule stimmte.
 

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1 Kommentar
  1. Bürgerinitiativler sagte:

    Klare Absage an einen Verein der lange keine Qualität mehr in der sozialen Arbeit liefert, sich nicht weiterentwickelt und die Wohlfahrt als schlechte Werbekampagne für die SPD nutzt. Große Persönlichkeiten wie Johanna Kirchner und ihre Gedanken haben lange keinen Platz mehr. Vielmehr haben wir ein systemkonformes Werbeorgan der sich Integration ohne Konzept auf die Fahnen schreibt. Daher danke für die Absage, endlich traut sich jemand.
    Menschen mit Benachteiligungen und /oder Migrationshintergrund, sowie die neue Arbeiterklasse die bei Zeitarbeitsfirmen für einen Hungerlohn arbeitet findet in der AWO keinen Verbündeten.

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