Gaspreis bei den Stadtwerken zieht an – Kostenintensivere Beschaffung wirkt sich aus

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Mehr als 15.000 Kunden der Stadtwerkegruppe Delmenhorst (SWD) erwartet im Februar 2022 eine spürbar Erhöhung des Gaspreises. Heraufgesetzt wird der Tarif in der Grund- und Ersatzversorgung um 1,45 Cent pro Kilowattstunde (ct/kWh) netto beziehungsweise 1,73 Cent brutto. Diverse Gründe machte SWD-Geschäftsführer Hans-Ulrich Salmen dafür geltend. Trotzdem zählt die SWD damit zu den preiswertesten Anbietern.
 
Zum Entschluss, den Gaspreis zum 1. Februar 2022 zu erhöhen, kam der Aufsichtsrat der Stadtwerke bei seiner letzten Sitzung. „Die Situation und die Rahmenbedingungen sind gerade sehr extrem“, gibt Stadtwerke-Chef Hans-Ulrich Salmen eine Bewertung der Lage ab. Um die zu begründen, geht er auf ein paar Besonderheiten ein, die den Gasmarkt betreffen. Europaweit und global stürzte die Nachfrage mit dem Aufkommen der Corona-Pandemie 2020 ab. In diesem Jahr ist dieser hingegen regelrecht durch die Decke gegangen.
 

Zu wenig Gas wurde geordert

Mit einem solchen Anstieg rechnete niemand, der Gas anfordert. Genauso wenig wurde erwartet, dass die Konjunktur so rasch wieder Gas geben würde. Deshalb existiere Salmen zufolge weniger Gas, als eigentlich benötigt werde. Nordwestdeutschland und somit auch Delmenhorst hat vor allem Gas aus Groningen in den benachbarten Niederlanden bezogen, worauf er hinweist.

Inzwischen produzieren die Groningen-Flächen aber kaum noch etwas. Auch diese Entwicklung erfolgte laut Salmen schneller als gedacht, sodass keine Preisdeckelung mehr vorhanden sei. Kurzum macht er die hohe Nachfrage und das geringere Produktionsangebot für den Preisschub verantwortlich. Von ihm werden in diesem Zusammenhang der CO₂-Preis, Flüssiggas (LPG) und eine rückläufige Produktion in Sibirien als Preistreiber auf dem Markt genannt.
 

Russland ist nur zu einem gewissen Grad Preistreiber

Von Jahr zu Jahr steigt der von der Politik eingeführte CO₂-Preis. Mit einem Fixpreis werden Unternehmen belegt, die nicht an der Börse handeln. Nächstes Jahr legt der CO₂-Preis um 5 Euro zu, sodass für jede Tonne 30 Euro anfallen. Hierzulande kommt zwar kein LPG zum Einsatz, aber in Südeuropa. Da es von asiatischen Staaten aufgekauft wird, kann LPG in Südeuropa nicht als Preisbrecher dienen.

Salmen merkt an: „Dass Russland den Preis hochtreibt, stimmt nur bedingt.“ In der Tat kommt Russland seinen Lieferverträgen nach. Angesichts des Umstands, dass Produktionskapazitäten in Sibirien wegbrachen, mussten Vorräte aus dem Gasspeicher genutzt werden. Diesen gilt es nun wieder aufzufüllen. „Putin weiß seine Marktmacht zu nutzen“, stellt Salmen fest.

Bei einem Telefonat mit Gazprom habe Putin nämlich die Anweisung erteilt, ab 8. November den Speicher zu befüllen, wodurch nach einem rasanten Wachstum der Gaspreise ein Einbruch folgte. „Wenn Nord Stream 2 an den Start gehen würde, wäre der Preis nach Experten noch 20 Euro niedriger“, offenbart Salmen. Gebaut wurde die Pipeline, um Versorgungssicherheit in Europa zu gewährleisten. Teilweise kann der Stadtwerke-Chef die Blockadehaltung dagegen nicht begreifen.
 

Weder Kopplung am Ölpreis noch Bereitschaft zu Langzeitverträgen

Hauptsächlich erkennt er darin ein Machtspiel mit den USA, die ihrerseits mit aus Fracking gewonnener Energie Handel treiben wollen. Den Gefallen, Nord Stream 2 in Aussicht zu stellen, was mit der Hoffnung auf fallender Preise verbunden ist, tat die Bundesnetzagentur (BNetzA) der SWD nicht. Salmen teilt mit: „Die Preissteigerungen sind exorbitant, wie wir es so noch nie erlebt haben.

Anteil daran haben auch die Tatsachen, dass der Gaspreis nicht länger an den Ölpreis gebunden ist und keine Verträge über längere Laufzeiten mehr vereinbart werden. Zur Beschaffung von Erdgas setzt die SWD nach Salmens Angaben auf drei Eckpfeiler. Jeweils fix sind Bänder, die auf Regressionsverträgen basieren, und temperaturabhängige Schwankungen, die nachgefahren werden.

Für alles, was darüber hinausgeht, bedient sich die SWD beim Spotmarkt, dem täglichem Markt, mit Orientierung am Marktpreis, der am 29. November bei 9,1 ct/kWh lag. Der dortige Erwerb führt wesentlich zur Verteuerung. So wuchsen die Ausgaben für Erdgas auf Seiten der SWD um bis zu 400 Prozent. Zu einem Großteil konnte das mithilfe strukturierter und in Tranchen vorgenommener Käufe abgefedert werden. Obwohl es der SWD schwerfällt, muss ein Teil der zusätzlichen Kosten an die Kunden weitergegeben werden.
 

Auf einen gewöhnlichen Haushalt kommen im Jahr 312 Euro an Mehrkosten zu

Nachdem der Gaspreis der SWD knapp eine Dekade über mit leichten Abweichungen 4,9 ct/kWh betragen hat, wird ab Februar ein größerer Zuschlag fällig. Von 4,61 ct/kWh wird dann zu 6,06 ct/kWh übergegangen. Um 30 Prozent legt der Preis damit zu. Das bedeutet für einen Standardhaushalt mit einem Verbrauch von 18.000 kWh 26 Euro mehr im Monat.

Jährlich summiert sich das auf zusätzliche Aufwendungen in Höhe von 312 Euro. Über den angehobenen Tarif werden Kunden mit der Jahresendabrechnung informiert. Nicht gerüttelt wird am Grundpreis, der nach wie vor bei 142,80 Euro liegt. „Wir verstehen uns weiterhin als faire und kompetente Vertragspartner für Kunden. Wir gehen diese Preisschwankungen nicht mit“, versichert Salmen.

Von ihm wird angesprochen, dass sich die SWD mit ihren Angeboten im unteren Spektrum bewegt. Unter den Wettbewerben würden Arbeitspreisen zwischen 9 und 20 ct/kWh aufgerufen. Wer einen Blick auf Vergleichsportale wie Check24 oder Verivox wirft, kann diesen entnehmen, dass die SWD der Preisanpassung zum Trotz in Delmenhorst momentan am günstigsten ist. So besteht im Vergleich zu anderen Anbietern sogar die Chance, mehrere hundert Euro weniger zu verbrauchen.
 
Bild oben: SWD-Geschäftsführer Hans-Ulrich Salmen gab umfassend Auskunft zur Anpassung der Gaspreise.
 
Bild unten: Diese Tabelle liefert alle Gaspreis-Tarife der Stadtwerke für 2022 auf einen Blick. In Klammern stehen die Nettopreise. Bildquelle: Stadtwerkegruppe Delmenhorst

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