Fehler bei der Erhebung der Straßenreinigungsgebühren – Stadt korrigiert – Ausführliche Antworten auf Nachfrage zum Thema Winterdienst

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Seit Beginn des Jahres werden die Gebühren für die Straßenreinigung in Delmenhorst neu berechnet. Statt wie bisher die Frontlänge des Grundstücks ist nun die Quadratwurzel aus der Grundstücksfläche relevant. Bei der Berechnung sind allerdings Fehler aufgetreten. Die Stadt wird an die betroffenen Grundstückseigentümer neue Grundbesitzabgabenbescheide verschicken. Ein Widerspruch ist nicht nötig.

Für den neu eingeführten Quadratwurzelmaßstab wird die Quadratwurzel aus der im Grundbuch eingetragenen amtlichen Fläche des Grundstücks gezogen und mit dem geltenden Gebührensatz der jeweiligen Reinigungsklasse multipliziert. Das Ergebnis ist die zu zahlende Jahresgebühr für die Straßenreinigung. Bislang orientierten sich die Gebühren nach der Frontlänge des Grundstücks zur Straße hin.

Die Umstellung war aufgrund einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg nötig. Zahlreiche Kommunen nutzen das Berechnungssystem per Quadratwurzel. Dadurch sollen Ungleichheiten in der Berechnung – etwa ein „günstigeres“ schlauchförmiges Grundstück mit nur wenigen Frontmetern im Vergleich zu einem „teureren“ Grundstück mit mehr Straßenfrontmetern ausgeglichen werden.

Fehler bei der Erfassung

Allerdings kam es zu Fehlern bei der Umstellung. „Bei der Umstellung des Maßstabes der Straßenreinigungsgebühren auf den Quadratwurzelmaßstab wurden 20.000 Grundstücke neu betrachtet und (teilweise) automatisiert erfasst“, erklärt Stadt-Pressesprecher Timo Frers auf Nachfrage. Demnach gibt es Fälle, bei denen das Grundstück nicht korrekt erfasst wurde und in der Folge der Quadratwurzelmaßstab zu korrigieren sei. „Derzeit findet eine Überprüfung der Datensätze statt“, so Frers. Werden dabei Datensätze als fehlerhaft identifiziert, werden diese im System korrigiert, so Frers.

Betroffene bekommen Post –

Kein Widerspruch erforderlich

Betroffene Grundstückseigentümer erhalten in naher Zukunft einen geänderten Grundbesitzabgabenbescheid, Widersprüche dazu sind nicht erforderlich, teilt die Stadt mit. Schriftliche Hinweise sowie Hinweise von Bürgern per E-Mail oder Telefon werden nach Angaben der Stadt ebenfalls geprüft und, sofern begründet, durch einen geänderten Grundbesitzabgabenbescheid entsprochen. Hierbei gibt es keinerlei Fristen. Offenkundige Unrichtigkeiten werden jederzeit und über das ganze Jahr korrigiert.

 

UPDATE:

Rund um das Thema Straßenreinigungsgebühr/Winterdienst hatte es Anfang des Jahres einigen Wirbel gegeben, wie unter anderem die Delmenhorster Zeitung berichtet hatte.

Im Zuge dessen hatte die Redaktion einen Fragenkatalog zum Thema an die Stadt Delmenhorst gesendet, der am 2. März 2021 ausführlich beantwortet wurde. Hier die Fragen und Antworten im Einzelnen:

 

Frage 1:

Laut eines Urteils des OVG Lüneburg sind Frontmeter als Grundlage für die Berechnung der städtischen Straßenreinigung nicht mehr zulässig. Die Stadt Delmenhorst wendet daher inzwischen, wie andere Kommunen auch, zur Berechnung das Prinzip der Quadratwurzel der Fläche als Berechnungsgrundlage an. Allerdings legt die Stadt einen Eigenanteil von 25 Prozent zugrunde, obwohl das OVG Lüneburg 2016 (OVG Lüneburg 9. Senat, Urteil v. 16.2.2016, 9 KN 288/13)  verdeutlicht hat, dass eine pauschale Festlegung auf 25 Prozent nicht zulässig ist, sondern diese individuell ermittelt werden muss. Im gleichen Jahr hat die Stadt Delmenhorst für die Straßen der Reinigungsklasse 1W einen Eigenanteil von 41,1 Prozent ermittelt (Reinigungsklasse 1   30,9 Prozent, Reinigungsklasse 2   25 Prozent). Die Abrechnung erfolgte allerdings weiterhin pauschal mit 25 Prozent. Wie kommt das?

Antwort der Stadt Delmenhorst:

Der Niedersächsische Landtag führte am 1. März 2017 den Paragraf 52 Absatz 3 S. 4 im Niedersächsischen Straßengesetz (NStrG) ein. Demnach trägt die Gemeinde seither einen gesetzlich festgelegten Teil der Kosten der Straßenreinigung (sogenannte Öffentlichkeitsanteil) in Höhe von 25 Prozent. Bei der Ermittlung der Straßenreinigungsgebühren verwenden wir daher seit dem Jahre 2018 den gesetzlich festgeschriebenen Öffentlichkeitsanteil in Höhe von 25 Prozent. Bis zum Jahre 2017 haben wir, entsprechend der bis dahin geltenden Rechtsprechung, einen individuellen Öffentlichkeitsanteil ermittelt und in unserer Gebührenkalkulation verwendet. Mit der angesprochenen Gesetzesnovellierung aus März 2017 hat sich die bis dahin geltende Rechtsprechung des Oberverwaltungsgericht Lüneburg aus dem Jahre 2016 (vgleiche Urteil OVG Lüneburg 9. Senat, Urteil vom 16.2.2016, 9 KN 288/13), gemäß dem der kommunale Eigenanteil individuell festzulegen ist, erledigt. Insofern hat sich seit dem Urteil des OVG Lüneburg aus dem Jahre 2016 die Rechtslage geändert.

 

Frage 2:

Beim Beschluss der Straßenreinigungsgebührensatzung im Stadtrat am 17.11.2020 im Com.Media (Tagesordnungspunkt Ö16.12) wurde beschlossen, dass die Verwaltung eine Nachtragskalkulation aufstellen möge, in der die landwirtschaftlichen Grün- und Ackerflächen von der Gebührenberechnung ausgenommen sind. Was ist daraus geworden? Wurde die Kalkulation aufgestellt? Welche Konsequenz resultiert aus den Ergebnissen der Kalkulation?

Antwort der Stadt Delmenhorst:

Der Ratsbeschluss zur Straßenreinigungsgebührensatzung vom 17.11.2020 führte, verbunden mit dem Auftrag verwaltungsseitig eine Nachtragskalkulation anzustellen, zu Irritationen. Ein zeitnah zwischen der Verwaltung und Politik anberaumtes Abstimmungsgespräch konnte jedoch kurzfristig zur Klärung beitragen. Aufgrund dessen korrigierte der Rat der Stadt Delmenhorst in seiner Sitzung vom 24.11.2020 seinen gefassten Beschluss und verabschiedete die angesprochene Straßenreinigungsgebührensatzung in ihrer Ursprungsform.

 

Frage 3:

Warum werden landwirtschaftliche Flächen, wie sie zum Beispiel in Hasbergen vorkommen, in puncto Straßenreinigung/Winterdienst nicht anders berechnet als andere Grundstücke? Bei der Grundsteuer z. B. gibt es eine entsprechende Differenzierung.

Antwort der Stadt Delmenhorst:

Das Gebührenrecht sieht keine Differenzierung bei der Veranlagung von landwirtschaftlichen Flächen vor. Maßgeblich für die Straßenreinigungs- und damit auch für die Winterdienstgebührenpflicht ist, dass die betreffende Straße innerhalb der geschlossenen Ortslage liegt. Ist dies der Fall, so besteht gemäß Paragraf 52 Absatz 3 Satz 1 Niedersächsisches Straßengesetz (NStrG) für alle der gereinigten Straßen anliegenden Grundstücke grundsätzlich eine Verpflichtung zur Zahlung von Straßenreinigungs- bzw. Winterdienstgebühren, und zwar auch dann, wenn es sich bei den anliegenden Grundstücken um landwirtschaftlich genutzte Grundstücke handelt (vgl. Urteil OVG Lüneburg 9. Senat, Urteil vom 15.12.2015, 9 LA 95/15).

Die Nichtveranlagung bestimmter landwirtschaftlicher Flächen stellt insofern nach rechtlichem Verständnis einen Verstoß gegen Paragraf 52 Absatz 3 Satz 1 NStrG i.V.m. Paragraf 5 Abs. 1 Niedersächsisches Kommunalabgabengesetz (NKAG) dar und wäre rechtswidrig; ein öffentliches Interesse an einer Nichtveranlagung ist darüber hinaus nicht ersichtlich.

 

Frage 4:

Quasi alle Bürger profitieren vom städtischen Winterdienst. Wie kommt es, dass nur Bürger, deren Straßenbereich in die Reinigungsklasse 1W fällt, diesbezüglich zur Kassen gebeten werden?

Antwort der Stadt Delmenhorst:

Laut Paragraf 5 Absatz 1 Satz 1 Niedersächsisches Kommunalabgabengesetz (NKAG) erheben die Kommunen für die Benutzung einer öffentlichen Einrichtung Benutzungsgebühren von den Benutzern. Im Paragraf 52 Absatz 3 Satz 1 NStrG wird gesetzlich geregelt, wer die Benutzer der beiden öffentlichen Einrichtungen Straßenreinigung und Winterdienst sind. Gemäß den dortigen Ausführungen sind die Eigentümer der anliegenden Grundstücke die Benutzer der öffentlichen Einrichtung und stehen damit in der Gebührenpflicht. Andere gebührenpflichtige Personen wurden vom Gesetzgeber nicht benannt.

 

Frage 5:

Wie ist es zu erklären, dass es Teilbereiche von Straßen gibt, in denen zwar städtischer Winterdienst geleitet wird, deren Anwohner aber nicht in den winterdienstbezahlpflichtigen Bereich 1W fallen?

Antwort der Stadt Delmenhorst:

Der Stadt Delmenhorst obliegt – als Grundstückseigentümerin – ebenfalls in vielen Fällen der Winterdienst (zum Beispiel im Falle einer Schuleinrichtung) ohne dass die betreffende Straße in der Reinigungsklasse 1W eingestuft sein muss.

 

Frage 6:

Warum übernimmt die Stadt Delmenhorst die Kosten für den Winterdienst nicht komplett, wie es zum Beispiel in Oldenburg der Fall ist?

Antwort der Stadt Delmenhorst:

Maßgeblich für die Straßenreinigungs- und damit auch für die Winterdienstgebührenpflicht ist, dass die betreffende Straße innerhalb der geschlossenen Ortslage liegt. Ist dies der Fall, so besteht gemäß Paragraf 52 Absatz 3 Satz 1 NStrG für alle der gereinigten Straßen anliegenden Grundstücke grundsätzlich eine Verpflichtung zur Zahlung von Straßenreinigungs- bzw. Winterdienstgebühren. Die Nichtveranlagung bestimmter Flächen stellt nach rechtlichem Verständnis einen Verstoß gegen Paragraf 52 Absatz 3 Satz 1 NStrG i.V.m. Paragraf 5 Absatz 1 NKAG dar und wäre rechtswidrig; ein öffentliches Interesse an einer Nichtveranlagung ist darüber hinaus nicht ersichtlich. Ein daraus entstehender Gebührenausfall wäre aus dem städtischen Haushalt zu tragen und würde einen unzulässigen Einnahmeverzicht bedeuten. Daraus würde ein Verstoß gegen Paragraf 111 Absatz 1 und 5 Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz (NKomVG) folgen.

 

Frage 7:

Laut eigener Prognose ging die Stadt Delmenhorst für das Jahr 2021 von sinkenden Kosten für den Winterdienst aus. Geht die Stadt nach den Erfahrungen der vergangenen Wochen nach wie vor von niedrigeren Kosten als im Vorjahr aus? Falls nein: Wie hoch wird die Steigerung durch die zurückliegenden Wochen in etwa geschätzt?

Antwort der Stadt Delmenhorst:

Inwieweit sich unsere Prognosen für die diesjährigen Winterdienstkosten einstellen werden, kann zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschätzt werden. Grundlage unserer jährlichen Kostenprognose für den Winterdienst ist der Durchschnitt der tatsächlich in den letzten fünf Jahren angefallenen Winterdienstkosten. Inwieweit der weitere Jahresverlauf zu witterungsbedingten Mehr- oder Minderkosten im Bereich des Winterdienstes führen wird, bleibt zum aktuellen Zeitpunkt aber abzuwarten.

 

 

Foto oben:

Auch der Winterdienst wird über die Straßenreinigungsgebühren finanziert.

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