„Es ist eine Katastrophe“ – Corona-Krise für manche Delmenhorster Unternehmen existenzbedrohend

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Die Corona-Krise ist nicht nur eine gesundheitliche Bedrohung, sondern gefährdet auch etliche örtliche Unternehmen in ihrer Existenz. DelmeNews hat mit Vertretern dreier kleinerer Unternehmen aus Delmenhorst über das Thema gesprochen. 

Jürgen Waßer, Inhaber des Geschäfts photo Waßer an der Bremer Straße, redet nicht lange drumherum, wenn man ihn nach seiner aktuellen wirtschaftlichen Lage fragt: „Die Situation ist höchstbedrohlich.“ Sein Laden ist geschlossen, derzeit bietet Jürgen Waßer nur Service an. Wer ein Passbild braucht, wonach derzeit allerdings nur wenige Menschen verlangen, oder eine Fotokopie, kann sich an ihn wenden. 

„Förderung ist nach 14 Tagen aufgebraucht.“

Doch mehr als ein Tropfen auf den buchstäblichen heißen Stein ist das nicht: „Mit Mieten, Umlagen und Leasingraten für die Maschinen habe ich Kosten von 6.000 Euro im Monat. Wenn ich also die 3.000 Euro Soforthilfe von der NBANK bekomme, ist die nach 14 Tagen aufgebraucht.“ 

Am Freitag habe er bei der NBank die Hilfe angefordert, so Waßer, eine Eingangsbestätigung habe er bis heute nicht erhalten. Ein wenig Kritik äußert er auch an den verhängten Maßnahmen: „Ich begreife die Politik nicht. Meinen Laden muss ich schließen, aber die Parkplätze der Supermärkte sind voll. Warum darf ich nicht mein Geschäft öffnen und zum Beispiel mit Abstand drei Leute auf einmal hineinlassen?“, fragt er. 

 

Jürgen Waßer stellt die zwangsweise Schließung vor große Herausforderungen. Bild: Archiv

 

Es droht „eine unvorstellbare Pleitewelle“

Waßer sieht die Zukunft für viele Unternehmen derzeit eher düster: „Es ist eine Katastrophe. Wenn am Dienstag nach Ostern die Geschäfte nicht wieder aufmachen dürfen, werden wir hier in Delmenhorst und überhaupt in Deutschland eine unvorstellbare Pleitewelle erleben“, ist er überzeugt.

Ein Hotel ohne private Gäste

Ruhe herrscht derzeit auch im Hotel Thomsen. Zehn Übernachtungen statt der 90 möglichen, habe es in der vergangenen Nacht gegeben, berichtet Olaf Thomsen. Vermietet waren die Zimmer regelbedingt ausschließlich an gewerbliche Kunden. Da kein Gastronomiebetrieb stattfinden darf, gibt es für die Gäste derzeit auch kein Frühstück. „Wir geben auf Wunsch gern ein Lunchpaket mit“ sagt Olaf Thomsen. Doch viele Kunden würden stattdessen morgens beim Bäcker anhalten. 

Wie so viele derzeit, hat auch das Hotel Kurzarbeit beantragt. Von den 57 Voll- und Teilzeikräften arbeiten derzeit nur ein bis zwei Raumpflegerinnen, die die Zimmer reinigen, so Thomsen. Auch das Hotel hat bereits die Corona-Förderung der NBank beantragt. 

Derzeit sei die Krise für das Haus noch nicht existenzbedrohend, sagt Olaf Thomsen. Doch auch er fragt sich, wie die Zukunft weitergeht. Die Frage sei auch, was nach der Krise kommt. „Darf man zum Beispiel direkt wieder ein Spargelbufett anbieten oder werden die Maßnahmen nur Schritt für Schritt gelockert? Und die Frage ist auch, Wollen sich die Menschen direkt wieder in größeren Mengen auf engem Raum treffen?“

Im Hotel Thomsen herrscht derzeit kaum Betrieb. Bild: Archiv

 

Letzte Einnahmen am 23. Dezember

Sorgen um die Zukunft macht sich derzeit auch Andreas Kutschenbauer. Der Schausteller und rührige Mitorganisator des Delmenhorster Weihnachtsmarktes sagt: „Das Problem für uns Schausteller ist, dass wir die letzten Einnahmen beim Delmenhorster Weihnachtsmarkt am 23. Dezember hatten.“ Über den Winter leben die Schausteller von ihren vorherigen Einnahmen, berichtet er. Da aber auch Reparaturen an den Fahrgeschäften und dem Fuhrpark im Winter durchgeführt werden müssen, die für Ausgaben sorgen, geht das nicht ewig gut. Zudem müssen auch von Zeit zu Zeit Zugfahrzeuge ersetzt werden. „Mit der Hausbank haben wir eine Stundung der Kredite vereinbart“, das habe gut geklappt, sagt Kutschenbauer. Doch ihm ist bewusst, dass eine Stundung nur bedeutet, dass das Geld später zurückgezahlt werden muss. „Es ist existenzgefährdend“, sagt Kutschenbauer. 

 

Für Andreas Kutschenbauer ist die Krise existenzbedrohend.

Auch er weiß nicht, wie wohl niemand derzeit, wann das öffentliche Leben wieder hochgefahren wird. Doch eine Sache ärgert ihn besonders: „Ich verstehe nicht, warum bereits Veranstaltungen für den Juni oder den Juli abgesagt werden“, sagt Kutschenbauer. „Wir Schausteller sind flexibel, wir können einen Markt in kurzer Zeit aufbauen, daher sage ich immer: ‚Wartet mit den Absagen.‘“

Gutscheine für den Weihnachtsmarkt

Um wenigstens ein paar Einnahmen zu generieren, sind nun Glühweingutscheine für Kutschenbauers Glühweinstand auf dem Weihnachtsmarkt 2020 erhältlich. Wer einen Gutschein für 10 Euro kauft, bekommt einen Schluck „Nüsschen“ Nusslikör dazu, bei einem Wert von 30 Euro sind es zwei Nüsschen, bei 50 Euro drei Nüsschen (Kontakt: andreaskutschenbauer@gmail.com oder Tel.: 0177 777 3185). Geliefert werden die Gutscheine, die kein Verfallsdatum haben, frei Haus. „Wir Schausteller sind Berufsoptimisten, wir lassen uns immer was einfallen.“

Kalmis: „Wir müssen was machen!“

Einem, dem die Unterstützung der Delmenhorster Kleinunternehmer förmlich unter den Nägeln brennt, ist Ratsherr Murat Kalmis (FDP). „Einigen Menschen geht es derzeit gut. Sie sind abgesichert und müssen sich keine Sorgen um ihre Zukunft machen. Doch für viele Kleinunternehmer geht es regelrecht um die Existenz.“ Entsprechend möchte Kalmis lieber heute als morgen die Situation für sie verändern. „Wir müssen was machen!“, sagt er. 

Senkung der Grundsteuer gefordert

Einen Antrag zum Thema hat er am Mittwoch eingereicht. Darin fordert er, die 2018 für die Kommunalisierung des Krankenhauses beschlossenen Erhöhungen der Hebesätze für die Grundsteuer A und B spätestens ab dem 1. Juli wieder auf den Stand des Jahres 2017 zu senken. Damit sollen Gewerbetreibende, Arbeitnehmer, Landwirte und Mieter entlastet werden. 

Kalmis: „Die Stadt muss ihren Beitrag leisten“

„Neben den diversen staatliche Hilfsmaßnahmen muss auch die Stadt Delmenhorst ihren Beitrag leisten, um alles zu tun, was eine schnelle und unbürokratische Hilfe direkt an ihre Bürger richtet“, so Kalmis. Die Jahresabschlüsse 2018 und wohl auch 2019 würden ergeben, dass die damalige Erhöhung der Hebesätze zur Finanzierung der Kommunalisierung des Krankenhauses nicht unbedingt benötigt wurden, so Kalmis, sondern nur einen Finanzpuffer für zusätzliche Investitionen aufgebaut hätten. 

„Diese zusätzliche Finanzkraft wird jetzt benötigt um der lokalen Bevölkerung einen zusätzlichen Schutz gegen wirtschaftliche Benachteiligungen zu geben.“ Darüber hinaus hat der Ratsherr eine Anfrage an die dwfg gestellt, um herauszufinden, wie viele Unternehmen die Wirtschaftsförderung derzeit bereits unterstützt hat. 

 

[ Murat Kalmis sieht die Stadt in der Pflicht, lokale Unternehmen zu unterstützen.

Wirtschaftsförderin: „Eine der wichtigsten Aufgaben“

Am 1. April hat Beate Behrens ihren Dienst bei der Stadt Delmenhorst in ihrer Funktion als Wirtschaftsförderin und Geschäftsführerin der Delmenhorster Wirtschaftsförderungsgesellschaft mbH (dwfg) begonnen. Sie folgt auf den bisherigen Interimsgeschäftsführer Ralf Hots-Thomas. 

„Eine der wichtigsten Aufgaben für mein Team und mich wird in den kommenden Wochen die Unterstützung der Delmenhorster Unternehmerinnen und Unternehmer sein, um diese bestmöglich durch die aktuell schwierigen Zeiten zu lotsen“, äußerte die neue Geschäftsführerin in einer Pressemeldung der Stadt Delmenhorst anlässlich ihres ersten Tags im Amt.

   

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