Ertrinkt Delmenhorst im Müll? Realitäten und Lösungsansätze des dauerhaft schwelenden Themas

Nicht nur Anwohnerinnen und Anwohnern in Demenhorst direkt fällt missbilligend auf, dass die Stadt in diversen Bereichen immer wieder vermüllt ist. Ebenso sehen die privaten als auch geschäftlichen Touristen und Tagesbesucher, dass hier etwas maßgeblich im Argen liegt. Die Stadt kämpft seit etlichen Jahren um ein saubereres Image. Und längst stellt sich die Frage, welches die geeigneten Stellschrauben sein könnten. Ansätze und Vorschläge gibt es einige, doch wo muss der eigentliche Hebel angesetzt werden?

Wie unachtsam Unrat im öffentlichen Raum in Delmenhorst entsorgt wird, lässt sich immer wieder insbesondere im Außenbereich als auch auf den Bahngleisen des Bahnhofs beobachten. Der Zustand stört viele – offensichtlich aber nicht alle – und wird immer wieder thematisiert. Das reicht von Unmengen an Zigarettenkippen über in die Büsche geworfene Einwegverpackungen und endet bei Tüten voller Hausmüll und sogar weggeworfenen Fahrrädern noch lange nicht. Unverständnis löst nicht nur aus, dass solche Dinge überhaupt in die Gegend geworfen werden, sondern auch, dass der Müll nicht in zumindest angemessener Zeit entfernt wird. Das Bild ist nicht schön. Manche Delmenhorster schämen sich dafür.

Achtlos weggeworfener Müll am Außengelände des Bahnhofs

Ebenso scheinen Unmengen von Zigarettenstummeln auf und neben den Bahngleisen bereits ein eigenes Ökosystem zu bilden. Beobachtern wird bei genauerer Betrachtung ein Paradoxon auffallen. Die Kippen liegen nahezu überall, abgesehen von einer sehr plakativen Stelle: Im ausgewiesenen Raucherbereich auf dem Bahngleis, wo auch ein Aschenbecher positioniert ist, sind keine Zigarettenkippen zu finden. Weshalb ist es gerade dort sauber?

Die Kippen scheinen schon ein eigenes Ökosystem zu bilden

Wer mit diesem Eindruck und entsprechend sensiblisiertem Blick den Fußweg über die Bahnhofstraße Richtig Einkaufsmeile antritt, wird feststellen, dass dort im Städtevergleich zwar etliche leicht erreichbare Mülltonnen mit integrierten Aschenbechern aufgestellt sind. Die werden aber allenfalls marginal genutzt. Vielmehr müssen der Fußweg und die Straße dafür herhalten. Die Lösung könnte doch so nah liegen, es wären nur wenige Schritte.

Regelmäßiger Aufruf zur Aufräumaktion als die Lösung?

Die Stadtverwaltung selbst lädt wie bereits mehrfach in den vergangenen Jahren auch in 2025 unter dem Motto „Delmenhorst … putzt sich heraus“ ein, sich „(…) aktiv für die Stadtsauberkeit und den Umweltschutz einzusetzen“. Zur Mithilfe aufgefordert sind etwa Schulklassen, Kindergartengruppen, Vereine, Firmen, Familien, Einzelpersonen, eben die gesamten Delmenhorster Bürgerinnen und Bürger, die ein Interesse daran haben, ihrer Stadt in einer gemeinsamen Aktion wieder zu mehr Glanz zu verhelfen. Wie berichtet soll die nächste Aufräumaktion am Sonnabend, den 29. März 2025 stattfinden. Entsprechendes Equipment wird von der Stadt gestellt. Viele aber fragen sich, weshalb sie den Unrat anderer Menschen wegräumen sollen. Und vor allem wer? Kindergärten?

Steuer auf To-Go-Verpackungen zur Müllreduktion?

Demgegenüber wollen die Lokalpolitiker – allen voran Bündnis 90/Die Grünen sowie die Delmenhorster Liste/Die Linken – auf die Einführung einer Verpackungssteuer nach dem Tübinger Modell setzen. Dass eine solche Steuer von den Kommunen juristisch umsetzbar ist, war kürzlich von den Verfassungsrichtern bestätigt worden. Man erhofft sich, dadurch vordringlich das Wegwerfen von Einwegverpackungen wie Kaffeebechern oder Plastigeschirr „To Go“ deutlich zu reduzieren. Selbstverständlich steht auch der ökologische Gedanke im Raum, auf Einwegmüll inklusive Mikroplastik nahezu komplett zu verzichten.

Gastronomen wünschen sich drastische Ordnungsgelder

Die ansässigen Gastronomen stehen einer solchen Lösung äußerst skeptisch gegenüber. Ihrer Meinung nach ist das der verkehrte Ansatz. Erstens sei das Konzept nicht annähernd durchdacht, zweitens würde die Steuer für sämtliche Gastro-Betriebe einen erheblichen Kostenfaktor bedeuten und schlussendlich würden die meisten dann wohl keine Speisen und Getränke zum Mitnehmen anbieten. Auch nicht den Teil der Speisen, den die Gäste im Restaurant nicht aufbekommen, weil die Augen größer als der Magen waren. Alle nicht verzehrten Reste wegzuschmeißen, sei ganz sicher nicht nachhaltig.

Stattdessen sehen sie das Lösungspotenzial in restriktiven Maßnahmen und konsequent angewandten Ordnungsgeldern. Wer im öffentlichen Raum seinen Müll einfach wegschmeiße, müsse das deutlich im eigenen Portemonnaie spüren. Das funktioniere schließlich in anderen Ländern auch. Zudem müsse jede Maßnahme auch kontrolliert werden. Der Kontrollaufwand, „erwischte Personen“ in Regress zu nehmen, sei deutlich geringer als die Überwachung der Verpackungssteuer.

Information ist alles – auch beim Thema Müll

Einig sind sich diejenigen, die über das Thema diskutieren, dass bei den Bürgerinnen und Bürgern eine größere Sensiblität für die Auswirkungen von weggeworfenem Haushaltsmüll im öffentlichen Raum geschaffen werden muss. Eine herumliegende Zigarettenkippe ist eben nicht nur ein visuelles Ärgernis. Stattdessen kann eine einzige Kippe mit ihrem Mix aus Toxinen zwischen 40 und 60 Liter sauberes Grundwasser verunreinigen. Wer besser informiert ist, wird beim nächstem Mal vielleicht erst nachdenken und dann vernünftig handeln.

Dass etwa Essensreste unerwünschte Schädlinge wie Ratten & Co. anziehen können, ist keine Neuigkeit. Aber möglicherweise könnte man die Tatsache in einer plakativen Aktion ins Gedächtnis der Verursacher rufen. Die Stadt will Klimavorzeigestadt werden. Vorzeigestadt in Sachen Sauberkeit wäre sicherlich auch ein sinnvoller Anfang.

Touristen und Tagesbesucher sind von dem Anblick ganz sicher nicht erfreut

In anderen Städten funktioniert es – weshalb nicht in Delmenhorst

Tatsächlich stehen in Delmenhorst – insbesondere in der Innenstadt – weitaus mehr öffentliche Müllbehälter als in anderen Städten wie beispielsweise Bremen. Ein Müllproblem ist auch in den dortigen Urbanen Regionen nicht von der Hand zu weisen. Aber es fällt in Relation zur Einwohnerzahl weitaus geringer aus. Bereiche wie der Osterdeich werden nach Veranstaltungen wie der Breminale unverzüglich wieder gesäubert. Beispielsweise in der Überseestadt als auch der Bremer Innenstadt ist eine Vermüllung in dieser Dimension nicht ersichtlich vorhanden. Verbleibt die Frage, weshalb die Delmenhorster Mülleimer vom Bahnhof über die Bahnhofstraße bis zur Graft so verschwindend selten genutzt werden.

 

((Beitragsbild oben: Müll im Außenbereich des Delmenhorster Hauptbahnhofs))

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