Delmenhorst und Niedersachsen: Zahl von Schulschwänzern steigt an

Seit dem Jahr 1919 besteht in Deutschland die Schulpflicht. Die Schule zu schwänzen, ist vor diesem Hintergrund eine Ordnungswidrigkeit. Etwa in Oldenburg finden vormittags regelmäßig Kontrollen der Polizei statt, die immer wieder Jugendliche aufgreift, die eigentlich in der Schule sein müssten. Das Problem: Bundeslandweit steigen in Niedersachsen die Zahlen von Schulschwänzern. Und zwar erheblich.

Die Schulen behalten sich Maßnahmen vor. So heißt es: „(…) Schlimmstenfalls riskieren die Jugendlichen ein Bußgeld, das in Niedersachsen für wiederholtes Fehlen in der Schule bis zu 1.000 Euro betragen kann.“ Ebenfalls können Sozialstunden und sogar Jugendarrest verhängt werden. Der Anstieg bei den Bußgeldverfahren für unentschuldigtes Fehlen in Niedersachsen ist deutlich: Zwischen 2023 und 2024 stiegen die Zahlen zum Beispiel in Hannover nach Angaben der Stadt um 14 Prozent, in Osnabrück um 20 Prozent, in Oldenburg um 22 Prozent und in Göttingen laut Stadt sogar um 31 Prozent. Nur steht die Frage im Raum, ob Restriktionen die Jugendlichen schlichtweg noch mehr beschädigen, statt ihnen zu helfen.

Schon zetern vermutlich die älteren Generationen über die „faule Jugend“. Weitaus sinnvoller hingegen dürfte es sein, nach den Gründen zu fragen; schließlich sind die Zahlen alarmierend. Was läuft da weshalb falsch? Die Ursachen sind vielfältig und lassen sich sicherlich nicht pauschalisieren, reflektieren allerdings den Zustand der Gesellschaft. Spätestens seit Corona hat die Vereinsamung eben auch und gerade bei den Jugendlichen zugenommen. Das so wichtige Urvertrauen hatte massiv gelitten, zumal die Altersgruppe während der Krise schlichtweg übersehen wurde. Hinzu kommen etwa die Auswirkungen der vermeintlich sozialen Medien, in denen das Mobbing unaufhaltsam zum sozial disruptiven Krebsgeschwür mutiert.

Es gibt etliche weitere Beweggründe, weshalb die Kids sich kaum noch in die Schule trauen. Das mag mit einem sozial schwierigen oder bildungsfernen Elternhaus zusammenhängen oder mit den Signalen in einer Welt, die immer weniger Zukunft und Hoffnung verspricht. Die Gründe äußern sich zwar oftmals mit Verweigerungshaltung, haben aber nichts mit Faulheit zu tun. Ganz im Gegenteil. Die Jugendlichen brauchen dringendst Hilfe.

Solche Hilfe bekommen Delmenhorster Jugendliche beim Verein „Die Brücke e.V.“ Aus jahrelanger Erfahrung wissen die Mitarbeitenden hier, dass die wenigsten Jugendlichen aus Trotz oder Rebellion die Schule schwänzen. Die Jugendlichen erhalten bei dem sozial orientierten Verein diverse Möglichkeiten, sich auszuprobieren und ein neues Selbstwertgefühl zu entwickeln. Sie spüren bewusst, dass es sich lohnt, etwas in Gemeinschaft oder auch alleine zu schaffen. Denn schlussendlich geht es vor allem um Anerkennung; darum, gesehen und wahrgenommen zu werden.

Aktuell verzeichnet der Verein eigenen Angaben zufolge 50 bis 60 Neuzugänge pro Jahr. Junge Menschen, denen wieder in ein normales Leben geholfen werden muss, die anschließend etwa einen Schulabschluss nachholen und anschließend eine Ausbildung absolvieren können. Immerhin sind die Kinder und nachfolgenden Generationen für die meisten der wertvollste Teil der Gesellschaft. Lassen wir sie nicht zur „Gerneration der Vergessenen“ werden.

 

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