Kehrtwende bei der Stromkonzession: Wo liegt der Sinn?

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Bei der Vergabe der Stromkonzession schien alles klar. Die Stadtwerkegruppe hatte das Vergabeverfahren nach Punkten gegen den Mitbewerber und derzeitigen Netzbetreiber EWE klar gewonnen, zwei Gutachten sahen unabhängig voneinander das städtische Tochterunternehmen bei der Ausschreibung vorn. Doch statt dem Gewinner den Zuschlag zu erteilen, will die Stadtverwaltung nun das Verfahren kippen. Was soll das?

 
Fragt man bei der Stadtverwaltung nach, weswegen das Stromkonzessionsverfahren, das eigentlich mit den Stadtwerken als Sieger bereits als abgeschlossen galt, nun aufgehoben werden soll, bekommt man nur wolkige Antworten. Das Verfahren sei ein Prozess, in dessen Verlauf man zu neuen Erkenntnissen gelangt sei, heißt es. Doch Greifbares, was denn nun konkret zum Umdenken im Verfahren geführt habe, wird nicht genannt. In den Ratsunterlagen für die kommende Sitzung wird lediglich auf ein Gutachten verwiesen, nach dem Spielräume bei der Zuordnung und Bewertung einzelner Angebotsinhalte von einem Gericht im Rahmen einer rechtlichen Überprüfung des Konzessionsvergabeverfahrens „gegebenenfalls“ als Intransparenz ausgelegt werden und zur Rechtswidrigkeit des Konzessionsvergabeverfahrens führen könnten. „Gegebenenfalls“ und „könnten“ sind die Formulierungen, also viel vielleicht, genau wissen tut es anscheinend niemand. Zudem bestehe die Gefahr, dass einige Kriterien als diskriminierend eingestuft werden könnten. Doch nach Stand der Dinge würden eher die Stadtwerke als Neuling auf dem Markt dabei diskriminiert – und somit der Sieger des Verfahrens. Wo also liegt das Problem?
 

EWE der Gewinner –
Stadtwerke der Verlierer?

Die beiden Bewerber EWE und Stadtwerkegruppe halten sich mit Stellungnahmen zum Thema zurück, kein Wunder, für sie steht viel auf dem Spiel. Freuen kann sich momentan Stadtwerke-Mitbewerber EWE. Experten gehen davon aus, dass der Altkonzessionär seit dem Auslaufen der Konzession im Mai 2014 knapp eine halbe Million Euro mit dem Betrieb des Stromnetzes verdient – pro Monat. Für die Stadtwerke sieht es derweil nicht so rosig aus. Die Umsätze beim Gas sind rückläufig, neue Geschäftsfelder dringend nötig, um langfristig den Betrieb nicht zu gefährden. Sollten diese nicht gefunden werden, könnten bei den Stadtwerken erhebliche Einbußen drohen und auch Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen. Somit geht es bei der Vergabe der Stromkonzession um mehr als nur die Vergabe des Stromnetzes. Darauf machten die Stadtwerkemitarbeiter am 7. Dezember auf dem Rathausplatz mit einer Demo aufmerksam (siehe Foto).
 
Es wäre interessant zu erfahren, ob den städtischen Justiziar Klaus Köhler der nun von der Verwaltungsspitze um Oberbürgermeister Axel Jahnz eingeschlagene Weg vollends überzeugen kann. Schließlich hatte Köhler schon mehrfach geäußert, dass es eine letztendliche Sicherheit bei solchen Verfahren nicht gebe. „Es ist die Frage: Muss ich reagieren“, sagte er kürzlich noch beim Pressegespräch in Bezug auf kritische Hinweise zum Verfahren. Und Köhler selbst hatte noch im Mai kritischen Ratsleuten ins Stammbuch geschrieben, dass man das Vergabeverfahren nicht einfach ändern könne, wenn einem der Gewinner nicht passt.
 

Bislang keine Rüge durch die EWE

Ein Insider des Verfahrens, der nicht genannt werden will, berichtet übrigens, dass die EWE bislang gar keine Rüge zu den geäußerten Bedenken vorgetragen hat. Zudem gehen Fachleute davon aus, dass, sollte die EWE gegen die Vergabe an die Stadtwerkegruppe klagen, der Rechtsstreit in der 1. Instanz weniger als 23.000 Euro kosten würde, Gerichtskosten sollen zudem laut niedersächsischem Justizgesetz für Kommunen gar nicht anfallen. Die mit solchen Fällen betrauten OLG Celle und LG Hannover gelten zudem als kommunenfreundlich in ihrem Urteil. Auch eine Klage auf Schadenerssatz durch die EWE gilt nach der Meinung eines Experten als aussichtslos.
 

100.000 Euro für Beratungsleitungen

Sollte das Verfahren jedoch gestoppt und mit neuen Vergabekriterien wiederholt werden, wie es derzeit von Oberbürgermeister Jahnz auf den Weg gebracht wird, gehen die Experten, die nicht genannt werden wollen, allein für Beratungsleistungen der Stadt und der Stadtwerkegruppe von Kosten von je 50.000 Euro aus.
 

Der Rat entscheidet

Nun haben es die Ratsleute in der Hand. Am Dienstag entscheiden sie, ob sie den von der Stadtverwaltung vorgeschlagenen Weg gehen wollen oder die Stadtwerkegruppe als Gewinner des absolvierten Ausschreibungsverfahren bestätigen. Abstimmen dürfen nur 24 der 44 Ratsleute, alle anderen gelten aufgrund von Aufsichtsratstätigkeiten o.Ä. als befangen.
 

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