Gerhard Berger über die „gute alte Zeit“

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Gerhard Berger, Ex-Ratsvorsitzender und ehemaliger, langjähriger Sprecher der Delmenhorster Schausteller, beschäftigt sich regelmäßig mit gesellschaftlichen Themen, denen er auf den Grund geht. In einem seiner Texte hat er sich der vermeintlich „guten alten Zeit“ gewidmet, die oft zitiert wird und in der angeblich alles besser war. Was in der Wirklichkeit aber natürlich nicht stimmt, wie es auch sein folgender Text belegt:

 

Gerhard Berger: Gute alte Zeit

Die gute alte Zeit? Was für ein Trugschluss! Wenn ich mir ein hundert Jahre altes Foto einer Straße mit seinen Häusern ansehe, frage ich mich: Wo ist da das Gute? Nur beim Anschauen der holprigen Straße spüre ich schon Schmerzen in den Fußgelenken. Die Häuser sehen grau und ungepflegt aus. Das Schwarz/Weiß-Foto würde auch farbig einen traurigen Eindruck machen. Neben der breiten Straße sind nur drei verlorene Personen auf den Fußweg zu sehen.
 

Kein Staubsauger, kein Geschirrspüler

Wo sind die anderen Menschen? In der guten alten Zeit. Lachende Menschen und die Gesichter fröhliche Kinder. Die Männer arbeiteten sicher in der Fabrik oder als Handwerker, Händler oder Beamte oder in sonstigen lebenswichtigen Berufen für mäßigen Lohn. Die Frauen besorgten den Haushalt, in dem sie die Wäsche mit der Hand waschen mussten. Kein Staubsauger, kein Geschirrspüler machte ihnen das Arbeiten leichter. Die Windeln mussten ebenfalls gewaschen werden. In der guten alten Zeit.
 

Toilette im Hof

Von Pampers wurde nicht mal geträumt, viel mehr gab es Alpträume, wenn man an die Toilette im Hof dachte. Eine Dusche gab es in den bürgerlichen Häusern nicht. Für die Ganzkörperpflege stand einmal in der Woche die Badewanne zur Verfügung. In der guten alten Zeit.
 

Kohle aus dem Keller

Für die Unterhaltung in der ganzen Familie sorgte das „Mensch-ärgere-dich-nicht-Spiel. “In den reicheren Häusern hörte man gemeinsam Radio, welch ein Luxus. Was verbarg sich noch in den bürgerlichen Wohnungen? Dort, wo es durch die Fensterrahmen zog und der Mann nach Feierabend die Kohlen aus dem Keller holen musste in der guten alten Zeit.
 

Nur ein Kinderzimmer, kein Computer

Normal war, dass mehrere Kinder in einem Zimmer wohnten, in dem sie sorgfältig ohne Computer ihre Schularbeiten machten und sich gegenseitig halfen. Mit einem Telefon konnten sie nicht bei ihren Schulkameraden nachfragen. Die Hausarbeiten mussten sauber und ordentlich gemacht werden, denn die Lehrer waren streng.
 

Kein Fahrrad, strenge Lehrer

Kein Auto stand vor der Tür und kein Fahrrad und es gab keinen Schulbus, um die Kinder abzuholen. In der Schule sollten die Kinder gerade sitzen, wer den Unterricht störte, bekam die Strafe körperlich zu spüren.
 

Die Jüngsten trugen die Wäsche der Älteren

In der guten alten Zeit, in der die Väter ihren Chef noch aufs Untertänigste respektierten und die
Polizei die Obrigkeiten und Ärzte wahre Götter waren. Mir graust, wenn ich mir eine Zahnarztpraxis in der guten alten Zeit vorstelle. Das alles verbirgt sich hinter den grauen alten Häusern auf dem Foto. In denen es in den meisten Fällen nur ein Mal die Woche Fleisch zu Mittag gab. Die jüngsten Geschwister mussten die Kleidungsstücke der Älteren auftragen.
 

Kaum einer ist zufrieden

Später gingen sie für einen Hungerlohn in die Lehre. In der guten alten Zeit. Die Eltern versprachen, „unsere Kinder sollen es mal besser haben“. Sie haben das Versprechen gehalten, doch kaum einer ist zufrieden. Aber das Heute ist die gute alte Zeit von Morgen. So geht das weiter immer weiter. Von Generation zu Generation.
 

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