Bürger demonstrieren gegen neue Baugebiete am Stadtrand – Umweltschäden Am Heidkamp und Langenwischstraße befürchtet – Verwaltung verteidigt Vorhaben

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Ungewöhnlich viele Bürger wohnten gestern, 16. Januar, der öffentlichen Sitzung des Bauausschusses im Rathaus teil. Der Grund: Unter den neuen Baugebieten, deren Ausweisung dort zur Diskussion stand, fanden sich auch jene Am Heidkamp und der westlichen Langenwischstraße. Und gegen diese sprachen sich zahlreiche Anwohner aus. Am Ende beschloss der Ausschuss dennoch mit knappen Mehrheiten, die neuen Baugebiete wie geplant auszuweisen.
 
Etwa 80 Anwohner hatten sich im Sitzungssaal im Rathaus versammelt. Trotz der Öffnung des angrenzenden Raumes mussten viele von ihnen stehend die Sitzung beobachten, da es zu wenige Sitzplätze gab. Einige machten mit Plakaten ihrem Unmut Luft. „Wohnbedarf aber nicht um jeden Preis“ oder „Stoppt den Flächenfraß“ zählten zu den Sprüchen. Ein Bürger warf mit seinem Spruch „Langenwisch Heidkamp Rechtsbruch“ der Verwaltung sogar illegales Vorgehen vor.
 

Hitzige Diskussion

Die Bürgerfragestunde zu Beginn der Sitzung nutzten zahlreiche Redner, um ihre Ablehnung zu begründen. Andre Petzhold merkte zum Gebiet Am Heidkamp im Stadtnorden an: „Seit 2016 wurden schon über 100 Wohneinheiten im Stadtnorden gebaut.“ Die Politik solle jetzt keine Wiesen und Felder dort zerstören. „Geht es nur um die Profite der Bauwirtschaft?“ Zudem sei die Wasserabfuhr von Regenwasser schon jetzt überlastet. Nach einer Betonierung weiterer Flächen zum Bebauen könne dieses Problem noch stärker werden. Zudem gäbe es bei den Krippen im Stadtnorden lange Wartezeiten, während der öffentliche Nahverkehr dort überlastet sei.
 
Hans Gerd Meier fügte hinzu, dass es viele Tiere und Pflanzen im Stadtnorden gäbe. Acht bis zehn Störche sehe er dort jährlich auf Nahrungssuche, ebenso Eulen und Fledermäuse. „Kurzum: Am Heidkamp ist Natur pur“, meinte er. Jürgen Schuvi wiederum argumentierte gegen zusätzliche Bebauung an der Langenwischstraße. Die maximale Baulänge von 50 Metern im vorderen Bereich der Straße sei für ihn viel zu groß. Zudem gäbe es auch dort zahlreiche Tiere wie jagende Fledermäuse und eine Überflutungsgefahr bei weiterer Betonierung von Flächen.
 

900 Unterschriften übergeben

„Wie kann es sein, dass Flächen im Außenbereich betoniert werden, wenn es noch genug freie Flächen im Innenbereich gibt?“, fragte Sabine Müller. Dann übergab sie 900 Unterschriften gegen die Vorhaben. Auch die Umweltorganisationen Nabu und BUND sprachen sich aus Umweltgründen gegen die neuen Baugebiete aus.
 

 

Urban verteidigt neue Baugebiete

„Ich freue mich, dass es heute so voll ist“, zeigte sich Stadtbaurätin Bianca Urban über den Bürgerandrang erfreut. Dennoch sprach sie sich für die Verwaltung und deren Vorschläge für beide Baugebiete aus. Die Stadt wachse leicht, und das selbst gesteckte Ziel sei, jährlich 200 Wohneinheiten zu schaffen. „Die Innenentwicklung ist das oberste Gebot.“ Letztes Jahr seien bereits in ehemaligen Delmod-Areal, der Stedinger Straße und dem Wollepark neue Baugrundstücke entstanden oder deren Schaffung eingeleitet worden.
 
Die Nachfrage durch interessierte Bauherren sei nur mit Flächen im Innenbereich aber nicht zu decken, fuhr Urban fort. Auch im Außenbereich müssten neue Baugrundstücke entstehen – und damit auch in den beiden umstrittenen Baugebieten. „Delmenhorst ist gut beraten, adäquate Wohnangebote zu schaffen“, fand sie. Bürgervorwürfe, dass die Verwaltung die Bürger nicht genug informiere und deren Wünsche berücksichtige, wies sie zurück.
 

Brünjes verteidigt Heckenentfernung

Dass ein kleine Stück der geschützten Wallhecke in Langenwisch für eine Bodenuntersuchung entfernt wurde, verteidigte Fritz Brünjes, Leiter des Fachbereichs Planen, Bauen, Umweltschutz, Landwirtschaft und Verkehr der Stadt. Dies sei für eine Bodenuntersuchung unumgänglich gewesen: „Anders geht es nicht.“ Zumal vor Ort auch noch Müll-Altlasten vorhanden sind und die Belastung untersucht wurde. Der Nabu hat eine Klage gegen die Wallhecken-Rodung eingereicht. Eine Entscheidung wird in den nächsten zwei Wochen erwartet.
 

Knappe Mehrheit für Baugebiete

Einen Gesamtplan zur städtischen Bebauung forderte Eva Sassen vom Bürgerforum. Ebenso wünschte sie sich ein neues Verfahren, um die Kommunikation mit den Bürgern zu verbessern. Andreas Neugebauer von der Fraktion SPD/Piraten verwies auf schon ausgewiesene Innenstadt-Baugebiete wie beim ehemaligen Delmod-Gelände, die schon als neue Bauflächen entstünden. Marianne Huismann (Grüne) und Edith Belz (Linke) zählten ebenfalls zu den Baugebiet-Gegnern. Peter Stemmler von den Unabhängigen Delmenhorstern erwiderte, dass junge Familien nicht in Baulücken in der Stadt bauen wollten. Sondern im Grünen.
 
Am Ende standen die Abstimmungen zu den Baugebieten an. Jenes Am Heidkamp wurde mit sechs Jastimmen, fünf Gegenstimmen und zwei Enthaltungen angenommen, das andere an der westlichen Langenwischstraße mit sieben zu sechs. Ein Zuschauer kommentierte das Ergebnis als unrechtmäßig. Die endgültige Entscheidung trifft heute der Verwaltungsausschuss nicht öffentlich – es sei denn, die Vorhaben werden dort an den Stadtrat verwiesen.
 
Update von Freitag, 19. Januar: Der Verwaltungsausschuss hat die Ausweisung des Baugebietes Am Heidkamp beschlossen. Jenes an der westlichen Langenwischstraße wird noch im Stadtrat beraten, vermutlich im Februar.
 
Foto oben: Viel Gesprächsbedarf gab es zwischen Verwaltung, Politik – hier Ausschussmitglied Peter Stemmler (2. v.r.) – und den zahlreichen Zuschauern.
 
Foto Mitte: Mit solchen Plakaten machten einige Zuschauer ihrem Unmut über die neuen Baugebiete Luft.
 

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