Antrag für öffentliche Abstimmungen im Stadtrat zurückgezogen – Oestermann: Kein Fraktionszwang bei SPD

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Eigentlich stand in der Sitzung des Stadtrates am heutigen Mittwoch, 14. März, auch ein Antrag der SPD und Linken auf dem Programm, der den Vorrang von öffentlichen vor geheimen Abstimmungen forderte. Doch wegen viel Kritik zogen die Initiatoren ihn zurück. Diskutiert haben die Ratsleute trotzdem darüber.
 
„Unser Wunsch war es, die namentliche Abstimmung vor der geheimen Abstimmung einen Vorrang zu schaffen“, erklärte Bettina Oestermann (SPD), eine der Initiatoren des Antrags. Doch seit sie und die Linke diesen eingereicht hätten, habe es – gerade in den sozialen Medien – viel Kritik daran gegeben. Viele Beiträge seien „nicht schön“ gewesen. Daher zog sie den Antrag zurück, weil die Zeit nicht reif sei.
 

Oestermann attackiert Sassen

Zugleich ging Oestermann auf Vorwürfe ein, dass es in ihrer Fraktion einen Zwang gäbe, dass die SPD-Ratsherren und -frauen immer so abzustimmen hätten, wie der Vorstand (darunter Oestermann als Fraktionsvorsitzende) dies wünsche. Ein solches „Gespenst“ gäbe es nicht, betonte sie.
 
Dann wandte sie sich an Eva Sassen (Bürgerforum). Die habe Ende 2016 nicht nur in einer Abstimmung zur Stromkonzession, obwohl sie befangen war, noch nach dem Ausschluss der betroffenen Politiker mit ihrem Kollegen Thomas Kuhnke gesprochen, damit der so abstimme, wie sie wollte. Auch bei einer kürzlichen Sitzung zum Krankenhaus habe sie Axel Unger, der erst im Februar zu Sassen wechselte, nach dessen Zögern den Arm bei einer Abstimmung gehoben. Diese Behauptung quittierte Unger gleich mit Protest.
 

Kalmis entschuldigt sich für Vergleich vom FDP-Kreisverband

Sassen reagierte auf die Vorwürfe von Oestermann in einer für sie ungewohnt kurzen Art: „Ich sehe über die Vorwürfe weg, das ist unter meiner Würde.“ Unger meinte: „Ich bin überrascht über die Vernunft von Frau Oestermann, den Antrag zurück zu ziehen.“
 
FDP-Mitglied Murat Kalmis nutzte die Sitzung, um sich für einen „unglücklichen Vergleich“ zu entschuldigen, bei dem der FDP-Kreisverband (nicht die Ratsfraktion) den zurückgezogenen Antrag mit Demokratie-Einschränkungen wie zu DDR-Zeiten verglichen hatte.
 

Belz verteidigt Antrag

Auch Edith Belz (Linke) verteidigte den Antrag: „Es geht nicht um das Wahlrecht.“ Vielmehr ziele er auf Abstimmungen, die auch auf Bundes- und Landesebene nicht geheim seien (anders als Wahlen). Politiker müssten in öffentlichen Sitzungen zu ihren Entscheidungen stehen.
 
Geheime Abstimmungen dienten nur der Mehrheitsbeschaffung. Als Negativbeispiel nannte sie eine Abstimmung zu einem geplanten Integrationszentrum, dass ohne Gegenargument in der Debatte in geheimer Abstimmung abgelehnt worden war. Auch bei den Sondersitzungen zur Krankenhaus-Übernahme durch die Stadt (wir berichteten am 26. Januar hier und am 1. Februar hier ) hatte es geheime Abstimmungen gegeben – mit der Ablehnung des Vorhabens in der ersten und dessen Bestätigung in der zweiten Sitzung.
 

 

Geheime Abstimmungen laut Stadtrecht erlaubt

Das Stadtrecht sieht vor, dass Entscheidungen in den Ausschüssen und im Stadtrat namentlich, offen oder geheim durchgeführt werden. Die offene Abstimmung ist üblich. Durch einen Antrag, dem mindestens neun Ratsherren zustimmen, kann stattdessen die geheime Abstimmung durchgeführt werden.
 
Dabei geben die Ratsherren und -frauen ihre Stimmen ohne Namen hinter einer kleinen Wahlbox ab. Wer wie stimmte, lässt sich so höchstens durch Statements der Politiker erraten. Bei einer namentlichen Abstimmung werden die Politiker dagegen nach und nach aufgerufen und müssen ihre Stimme offen abgeben.
 

Geheime Abstimmungen behalten Vorrang

Durch den Rückzug von Oestermanns Antrag behält die geheime Abstimmung ihren Vorrang. Das bedeutet: Selbst falls mehr Ratsleute sich für die Alternative mit Namen aussprechen, wird geheim abgestimmt. Der Antrag hätte der namentlichen Abstimmung dagegen den Vorrang eingeräumt.
 
Dies hatten einige Ratsleute und Bürger als Angriff auf ihre demokratischen Rechte gewertet.
 
Foto: Bettina Oestermann (SPD) zog einen Antrag zurück, der der namentlichen Abstimmung künftig den Vorrang vor geheimen Abstimmungen eingeräumt hätte.
 
Foto Mitte: Edith Belz (Linke) verteidigte den zurückgezogenen Antrag.
 

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